Kino in New York, 1939. Öl auf Leinwand, 81,9 x 101,9 cm. The Museum of Modern Art, New York.
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Das sieht ja aus wie ein Bild von Edward Hopper!

Ist es euch schon mal aufgefallen – Edward Hopper hat diese Art Satz für sich gepachtet! Natürlich, manch ein Wichtigtuer und/oder künstlerisch angehauchter Feingeist mag den Satz auch mal mit „… Monet!“ beenden oder in „Das sieht ja aus wie ein Wandbehang von Lucy Vollbrecht-Büschlepp!“ umwandeln (Letzterer ist ein eindeutiger Wichtigtuer, der mit einem missbilligenden Blick gestraft gehört.), der allgemeinen Tendenz tut das keinen Abbruch. Edward Hopper ist der König des „Das sieht ja aus wie…!“. Woran liegt das? Okay, es hilft, ein realistischer Maler zu sein. Und ja, die einsamen nächtlichen TrinkerInnen (Das Wort ‚Trinkerin‘ führt ein gendertheoretisch bedenkliches Schattendasein!) an den einsehbaren Eckkneipen dieser Welt, denen Hopper den soeben verliehenen Titel hauptsächlich verdankt, sterben nie aus. Aber das ist nicht alles.

Es gibt nicht viele Menschen, die die Fähigkeit besitzen, exakt diejenigen unter den Millionen von Ausschnitten, die tagtäglich ihr Hirn passieren (24 Bilder pro Sekunde, 3600 Sekunden pro Stunde, 16 Stunden pro Tag – macht immerhin fast anderthalb Millionen! Und hat Hopper wirklich 8 Stunden am Tag geschlafen? Mal ehrlich, niemals!), auszuwählen, die die Realität präziser, prägnanter und wirkungsvoller fassen als die restlichen immer noch bald anderthalb Millionen Ausschnitte. Im- oder Expressionisten können potentiell in jede Szenerie Ein- oder Ausdruck legen. Der Realist seinerseits muss sie mit viel Feinsinn aussuchen, sonst langweilt er uns schnell. Denn sehen tun wir die Welt ja selber.

Kino in New York, 1939. Öl auf Leinwand, 81,9 x 101,9 cm. The Museum of Modern Art, New York.
Kino in New York, 1939. Öl auf Leinwand, 81,9 x 101,9 cm. The Museum of Modern Art, New York.

Edward Hopper beherrschte das wie kein Zweiter. Ich liebe diesen Mann schon allein dafür, dass er ein Bild wie Kino in New York (1939) hat malen können. Dieser Blick weg von der Leinwand, weg vom Publikum, hin zu der eigentlich interessanten Szene, die sich am Rande des Kinos abspielt – dieser Blick ist es, der das Genie des Edward Hopper ausmacht. Er lief wahrhaft mit offenen Augen durch die Welt. Er wusste, was uns umtreibt. Saß er zufällig dabei, als der nachdenkliche Herr und der (ahnungslose? selbstzufriedene? schmollende?) Frauenhintern sich in der Exkursion in die Philosophie (1959) in dieser Anordnung auf dem sonnenbeschienenen Bett wiederfanden? Wohl kaum. Aber das spielt keine Rolle. Denn wir alle kennen das Gefühl, das das Gemälde bestimmt. In diesem Sinne ist es unendlich realistisch.

Und das ist es, das Geheimnis, das Edward Hopper zum König des „Das sieht ja aus wie…!“ macht: Menschenkenntnis – Weltkenntnis, ist man geneigt zu sagen. Wir entdecken seine Gemälde in der Welt wieder, weil sie mehr Welt, mehr von uns in sich bergen als es (vielleicht, sagt der gerade aus seiner Schwelgerei erwachte Blogger) je ein anderer Künstler zuwege gebracht hat.

Exkursion in die Philosophie, 1959. Öl auf Leinwand, 76,2 x 101,6 cm. Privatsammlung.
Exkursion in die Philosophie, 1959. Öl auf Leinwand, 76,2 x 101,6 cm. Privatsammlung.

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Arik

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