
Brueg/uegh/eug/eughel ist kein Bosch
Ihr spielt Stadt, Land, Fluss. B ist an der Reihe. Alles ausgefüllt (Böß-Gesäß, Belarus, Black Cock Down…), nur einen Künstler braucht ihr noch. Okay, ihr habt längst Beyoncé, Beatles (Hallo, es war nach einem Künstler gefragt!) oder Blümchen geschrieben. Vielleicht ja sogar Bacon oder Botticelli. Aber sagen wir, aus irgendeiner Laune des Universums heraus ist euch dieser flämische Maler aus dem 16. Jahrhundert in den Sinn gekommen. Ihr setzt an: B, klar. R, logisch. Also: ‚Br…‘ Der Kenner stutzt schon hier. ‚…ueg…‘ „Fääärtich!!“, kreischt es in euer Ohr. Anschließend die ewige Diskussion, ob das nun zählt oder nicht. Tut‘s natürlich nicht, die Punkte sind futsch. Und das alles nur, weil diese Bauern-, Höllen- und Blumenbruegels (einigen wir uns auf diese Schreibweise) sich nicht entscheiden konnten, wie rum sie ihre Vokale und ob sie ein h im Namen haben wollen! Aber seien wir nachsichtig mit ihnen. Denn sie haben eine ganze Menge fantastischer Bilder hervorgebracht – und dabei ganz nebenbei den flämischen Naturalismus begründet.

An erster Stelle ist natürlich Pieter Bruegel der Ältere zu nennen, der Bauernbruegel. (Er kam aus einer bäuerlichen Familie und erhielt sich seine Vorliebe fürs Pastorale.) Der Triumph des Todes, Dulle Griet oder Die tolle Grete, Sturz der gefallenen Engel, Der Turmbau zu Babel… Ihr seht schon, wo meine Präferenzen liegen. Bruegel ist ein Meister des Abseitigen, Verstörenden und Übernatürlichen. „Sieht ja aus wie Bosch!“, werdet ihr sagen. Ja und nein.
Ich habe mich zuletzt belehren lassen müssen, Hasen und Kaninchen seien vollkommen unterschiedliche Tiere. Und vielleicht ist es bei Bosch und Bruegel genauso. Wer wird bestreiten können, dass Bosch einen großen Einfluss auf Bruegel hatte, wenn er oder sie, sagen wir, Die Versuchung des Heiligen Antonius (1505-1506) und Dulle Griet (1562) nebeneinander betrachtet? (Vielleicht mag ja mal jemand in Lissabon und Antwerpen nachfragen? Ich würde vorbeikommen.) Stil und Sujet, Monstren nach Baukastenprinzip und die Freude an einer Fülle kleiner Nebenhandlungen – die Verwandtschaft ist offenkundig. Und doch ist da etwas Realistischeres, etwas Menschlicheres in den Bildern Pieter Bruegels d. Ä. Seht euch das Gesicht der tollen Grete an:

Dieser entschlossene, zugleich angstvolle und angsteinflößende Wahnsinn! Nicht einmal der Heilige Antonius himself besitzt eine solche Ausdruckskraft.
Genau dieser feinsinnige Naturalismus, der in der Folge das Markenzeichen flämischer Malerei sein sollte, gibt Bruegels Werk die soziale Komponente, die Bosch abging. Seine Figuren – wenigstens die halbwegs (das ist wörtlich zu verstehen) menschlichen – sind aus Fleisch und Blut. Die Bruegels, das gilt mindestens für Pieter senior und junior, konnten fantastisch und realistisch. Und besser als jeder andere konnten sie beides zusammen.
Eine „wirtschaftswissenschaftliche Denkfabrik“ mit Sitz in Brüssel hat es allen Ernstes gewagt hat, sich den Namen Bruegel zu geben, was jedenfalls jedem, der wenigstens ein Bild dieser einzigartigen Künstlerfamilie zu Gesicht bekommen hat, körperliche Schmerzen bereiten muss. Ihr habt keine Tränen in den Augen? Dann sei euch nahegelegt, mal ‚Pieter Bruegel‘ in eine Suchmaschine einzugeben und auf ‚Bilder‘ zu klicken – oder aber, noch besser, einen Blick in diesen netten Band hier hineinzuwerfen: Bruegel von Émile Michel und Victoria Charles.
Arik

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