
Eine Royalistin auf der Flucht
Paris 1789, in der Nacht des 6. Oktober flüchtet eine der erfolgreichsten Künstlerinnen der Zeit aus der Metropole. Als bekennende Unterstützerin des Königshauses ist die Lage im revolutionären Frankreich für Élisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842) mittlerweile zu gefährlich. Über Lyon und Turin fliehend, landet sie schließlich in Rom, wo sie bis 1792 bleibt, bevor sie nach Paris zurückkehren wird. Doch als Royalistin – Marie Antoinette ist eine ihrer Auftraggeberinnen – hat sie mittlerweile alle französischen Bürgerrechte verloren.

In dieser Situation rät man ihr, nach Wien zu gehen und dort als Porträtistin zu arbeiten. Dank ihres Rufes fällt es ihr nicht schwer, dort neue Aufträge zu erhalten. Ihre nächste Station ist Sankt Petersburg, wo sie am Hof Katharinas d. Großen arbeitet. Es folgen Aufenthalte in Moskau und Berlin. Insgesamt 12 Jahre des Exils! Aufgrund einer von zahlreichen Künstlern eingereichten Petition erhält Vigée-Lebrun ihre Bürgerrechte zurück, was ihr die Rückkehr nach Frankreich ermöglicht. 1802 kommt sie in Paris an, wo sie in der Folge auch Napoleon Bonapartes Schwester Caroline malen wird.

Ihrer Reputation folgend, reist sie weiterhin durch Europa: sie geht nach England, in die Niederlande und in die Schweiz. Ihre dem Klassizismus zuzuordnenden Porträts europäischer Adliger machen aus Vigée-Lebrun eine über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannte und an den Höfen Europas gefeierte Porträtmalerin.

In einer Zeit des Umbruchs trifft sie auf all ihren Stationen auf die höchsten Persönlichkeiten einer sich wandelnden Gesellschaft, die sie in ihren feinfühligen Bildnissen festhält und mit ihnen einen unvergleichlichen Eindruck einer alten und einer sich anbahnenden neuen Epoche vermittelt.
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