Édouard-Manet-The-Balcony
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Berthe Morisot

Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Impressionismus von Nathalia Brodskaya, herausgegeben von Parkstone International.

Eine Frau, die malt, war um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine seltene Erscheinung, und in den Kreisen, die die offizielle Kunst ablehnten, etwas ganz Außergewöhnliches. Berthe Morisot nahm an den meisten Ausstellungen der Impressionisten teil. Ihr „sehr schöner Platz mitten unter den anderen Impressionisten“ (Venturi Bd. 2, S. 320) fand bei der Kritik eine Anerkennung, in die sich nicht wenig französische Galanterie mischte. Georges Rivière zum Beispiel fand ihr Talent „so reizend und so weiblich“ und urteilte: „Ihr Auge ist von außerordentlicher Sensibilität“ (ebd., S. 319). Und Philippe Burty schätzte den Reiz ihres Werks so hoch, dass er ihr die Ehre zusprach, ganz allein die Aufmerksamkeit auf die Ausstellungen der Impressionisten gelenkt zu haben: „Mademoiselle Morisot hat das doppelte Privileg, sowohl Frau als auch hochbegabte Künstlerin zu sein. Sie ist somit ganz dazu angetan, Publikum und Kritik anzulocken.“ (ebd., S. 292) Es ist durchaus möglich, dass die Präsenz einer Frau unter den „Intransigenten“ Neugier erregte, und das nicht nur bei Wohlgesonnenen. 1876 reihte der Kritiker Albert Wolff, ein Feind der Impressionisten, Berthe Morisot in einer Besprechung ihrer zweiten Ausstellung für den Calendrier Parisien unter die fünf oder sechs Geisteskranken ein, die sich eine Leinwand, Farben und Pinsel verschaffen, um nach dem Zufallsprinzip ein paar Farbkleckse zu verteilen und das Ganze per Signatur zu ihrem Werk zu erklären. Eugène Manet, mit dem Berthe inzwischen verheiratet war, fühlte sich verpflichtet, diesen Kritiker zum Duell zu fordern. Dabei hatte er Berthe Morisot ungewollt geehrt: Er hatte ihren Namen für immer mit dem Impressionismus verbunden.

Berthe Morisot stammt aus einer gutbürgerlichen Familie. Väterlicherseits war sie entfernt mit Jean- Honoré Fragonard und der Malerin Marguerite Gérard verwandt. Ihr Vater Edmé Tiburce Morisot war ein hoher Verwaltungsbeamter. Berthe wurde am 14. Januar 1841 in Bourges geboren, wo er damals als Präfekt amtierte. Die Mutter Marie-Cornélie Thomas stammte ebenfalls aus den besten Kreisen: ihr Vater, seines Zeichens Finanzinspektor, gehörte ebenfalls dem Staatsadel an. Die Mutter ließ ihre vier Kinder durch Hauslehrer unterrichten und kümmerte sich selbst darum, dass die Töchter Sinn für ihre Toilette und für mondäne Manieren entwickelten.

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Édouard Manet, Berthe Morisot mit Fächer, 1874.
Öl auf Leinwand, 61 x 50 cm. Palais des Beaux-Arts, Lille.
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Édouard Manet, Die Rast (Porträt von Berthe Morisot), 1870. Öl auf Leinwand, 60,5 x 73,5 cm. Museum of Art, Rhode Island School of Design, Providence.

Da ihr Vater Kunstliebhaber war, veranlasste er, dass seine drei Töchter Zeichenunterricht erhielten – für Mädchen aus guter Familie ohnehin fast eine Pflicht, ähnlich wie der Klavierunterricht. Im Garten ihres Hauses in Passy (einem eleganten Pariser Vorort, in dem die Familie später Quartier bezog) wurde sogar eigens ein Atelier eingerichtet, in dem die Mädchen malen konnten. Ihr Lehrer, der Kunstmaler Joseph-Benoît Guichard, suchte die Mutter davon zu überzeugen, dass es sich bei ihrem Interesse für die Malerei nicht um eine Laune verwöhnter höherer Töchter handle, sondern um eine wahre Berufung. „Bei Naturen wie denen ihrer Töchter“, so schrieb er an die Mutter, „wird mein Unterricht nicht nur kleine vergnügliche Talente entwickeln: sie werden wirkliche Maler“ (Bona, Berthe Morisot, S. 38). Während Edma die Malerei nach der Heirat aufsteckte, hatte Berthe Mut und Ausdauer genug, diese Prophezeiung Wirklichkeit werden zu lassen.

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Berthe Morisot, Die Tochter der Künstlerin mit ihrer Amme, um 1884.
Öl auf Leinwand, 59,1 x 71,1 cm. Minneapolis Institute of Art, Minneapolis.

Ihr erster Kunstlehrer stellte die Kinder dem berühmten Camille Corot vor. Ihm verdankte Berthe ihre Liebe zur Landschaft. Corot erteilte den Kindern nicht eigentlich Unterricht; er gab Ratschläge, zum Beispiel den, immer auf den ersten, frischen Eindruck zu achten, den die Natur auf sie machte, und ihn festzuhalten. Auf dieser Lehre sollte Berthe später ihre eigene Spielart des Impressionismus aufbauen. Corot wurde ein Stammgast der mondänen Dienstagsempfänge bei Madame Morisot. 1861 mieteten die Morisots für den Sommer sogar ein Haus in Ville d’Avray, damit Edma und Berthe bei Corot Landschaften malen konnten. Corot stellte die beiden jungen Künstlerinnen den Landschaftsmalern Achille Oudinot und Charles Daubigny vor und 1863 mieteten die Morisots eine Bleibe in der Nähe von Auvers an, damit die Mädchen ihren Malunterricht bei Daubigny fortsetzen konnten.

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Berthe Morisot, Die Schmetterlingsjagd, 1874.
Öl auf Leinwand, 46 x 56 cm. Musée d’Orsay, Paris.
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Berthe Morisot, Unter den Fliederbüschen in Maurecourt,
1874. Öl auf Leinwand, 50 x 61 cm. Privatsammlung.

Die malenden Schwestern besuchten regelmäßig auch den Louvre, um die Alten Meister zu kopieren. Da dort viele Maler verkehrten und sie daher der Gefahr ausgesetzt waren, unstandesgemäße Bekanntschaften zu machen, wurden sie auf diesen Ausflügen stets von ihrer Mutter begleitet. Einer, der ihre Kontrolle passierte, war der elegante, wohlerzogene Henri Fantin-Latour, der, Sohn eines Malers, selber bereits Erfolge in der Malerei vorweisen konnte. Der Graveur Félix Braquemond, der später zum Kreis der Impressionisten gehören sollte, stieß dazu, und nach und nach bildete sich um die so reizenden wie talentierten Schwestern ein Künstlerzirkel, der unvermeidlicherweise in die Empfänge der Madame Morisot einbezogen wurde. Zu diesem Zirkel gehörten Charles Durand, der unter dem Namen Carolus- Durand als mondäner Porträtmaler eine einträgliche Existenz führte; der alternde Komponist Gioacchino Rossini; der Maler Riesener, ein Vetter von Delacroix und Schüler von Gros, und seine Familie; die Herzogin Castiglione Colonna, die ihre Skulpturen unter dem männlichen Pseudonym Marcello ausstellte; der belgische Maler Alfred Stevens, ein Freund Édouard Manets, der oft in dessen geräumigem Atelier arbeitete, sowie Puvis de Chavannes. Erst 1867 machte Fantin-Latour Berthe im Louvre, wo sie geradeRubens kopierte, mit Édouard Manet bekannt. Die Familien Manet und Morisot luden sich in der Folge oft wechselseitig ein, sodass Berthe auch mit Degas in Kontakt kam, der daraufhin ebenfalls zu den Dienstagsempfängen der Madame Morisot Zutritt erhielt.

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Berthe Morisot, Eugène Manet und seine Tochter in Bougival, 1881.
Öl auf Leinwand, 73 x 92 cm. Musée Marmottan, Paris.
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Berthe Morisot, Kind zwischen Stockrosen, 1881. Öl auf Leinwand, 50 x 42 cm. Wallraf-Richartz Museum, Köln.

Im Sommer 1868 schrieb Édouard Manet an Fantin-Latour: „Ich bin ganz Ihrer Ansicht: die Demoiselles Morisot sind reizend. Ärgerlich, dass sie nicht Männer sind. Nun, auch als Frauen können sie ja auch der Kunst dienen, sie brauchen nur einen Kunstprofessor zu heiraten und Zwietracht in das Lager dieser Trottel zu tragen!“ (E. Moreau-Nelaton Bd. 1, S. 103) Der ironisch-spaßhafte Ton war nicht ganz angebracht, denn immerhin zeigte der Salon seit 1864 Bilder von Berthe und Edma Morisot, sie hatten also in Künstlerkreisen durchaus Anerkennung gefunden. Was ihre Tauglichkeit als Modell angeht, so hat Manet sich gleich bei der ersten Begegnung zwischen den beiden entschieden: 1868 posierte Berthe für seinen Balkon.

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Édouard Manet, Der Balkon, 1868.
Öl auf Leinwand, 170 x 124,5 cm. Musée d’Orsay, Paris.

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