
Egon Schiele – Einer der großen Maler des Expressionismus
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Egon Schiele (ASIN: B00J86V4HA), von Esther Selsdon und Jeanette Zwingenberger, herausgegeben von Parkstone International.
Sein Leben
Oskar Kokoschka wertete 1964 die erste große Schiele-Ausstellung in London als „pornographisch“. Im Zeitalter der Entdeckung der abstrakten Malerei und des Verlustes des ,Sujets’ antwortete Schiele, für ihn gebe es keine Moderne, sondern nur das „Urewige“. Schieles Welt ist auf Körperporträts konzentriert, örtlich und zeitlich ungebunden. Die Selbstfindung wird zu einer rücksichtslosen Enthüllung seiner Selbst wie auch seiner Modelle. Im deutschen Künstlerlexikon von Thieme und Becker wird Schiele als „Erotomane“ bewertet, weil die Kunst Schieles die Kunst der erotischen Darstellung des menschlichen Körpers ist. Dabei geht es ihm aber nicht nur um weibliche, sondern auch um die männliche Nacktheit. Seine Modelle kennzeichnet eine unglaubliche Freiheit gegenüber der eigenen Sexualität, der Selbstliebe, der Homosexualität oder voyeuristischen Haltungen sowie die gekonnte Verführung des Betrachters. Klischees und Kriterien weiblicher Schönheit wie makellose Glätte und skulpturhafte Kühle interessieren ihn nicht. Er weiß, dass der Trieb des Schauens mit den Mechanismen von Ekel und Anziehungskraft verbunden ist. Der Körper ist es, der die Kraft des Sexus und des Todes in sich birgt. Das Foto Schiele auf seinem Totenbett zeigt den Achtundzwanzigjährigen fast schlafend, der hagere Körper ist völlig abgemagert, der Kopf liegt auf seinem angewinkelten Arm; die Ähnlichkeit mit seinen Zeichnungen ist verblüffend. Wegen der hohen Ansteckungsgefahr konnten die letzten Besucher mit dem an der Spanischen Grippe erkrankten Schiele nur noch über einen Spiegel, der auf der Schwelle zwischen seinem Zimmer und dem Salon aufgestellt war – in dem er sich und seine Modelle betrachtete – kommunizieren. Noch im selben Jahr 1918 hatte Schiele ein Mausoleum für sich und seine Frau entworfen. Wusste er, der sich so oft als ein „Sehender“ erwiesen hatte, von seinem plötzlichen Ende? Fusioniert hier das individuelle Schicksal mit dem des Kollektiven, mit dem Untergang einer alten Weltordnung? Mit dem Ende des Habsburger Reiches?

Schieles Schaffenszeit erstreckt sich über kaum mehr als zehn Jahre, in dieser kurzen Zeitspanne schuf er ungefähr 334 Ölgemälde und 2503 Zeichnungen. Er malte Porträts und stillebenartige Landschafts- und Städtebilder. Berühmt wurde er jedoch als Zeichner. Während Sigmund Freud die verdrängten Lustprinzipien der gehobenen Wiener Gesellschaft aufdeckt, die ihre Frauen in Mieder und bauschige Kleider steckt und ihnen einzig die Rolle der künftigen Mutter zubilligt, entblößt Schiele seine Modelle. Seine Aktstudien dringen brutal in die Intimsphäre seiner Modelle ein und konfrontieren den Betrachter letztendlich mit seiner eigenen Sexualität.
Seine Werke
BILDNIS DES MALERS ANTON PESCHKA
Dieses Bildnis des österreichischen Malers Anton Peschka (1885-1940) ist das Erste, dass sein Freund Egon Schiele malte. In fast quadratischem Format kreiert er eine lineare Komposition, die die Zweidimensionalität des Bildes unterstreichen soll. Diese extreme Strenge ist chromatisch: Die neutralen, braunen und grauen Töne stechen hervor und das Modell scheint nahezu mit seiner Umwelt zu verschmelzen. So finden sich die beigen Farbtöne des Sessels, die auf die Wandmusterungen anspielen, auch in den Händen und im Gesicht von Peschka wieder, während die lavendel-farbige Kamee im Hintergrund denselben Farbton hat, jedoch weniger gesättigt ist als der Anzug des Malers. Die starke Umrisszeichnung alleine erlaubt es, das Modell aus dem Gemäldehintergrund hervorzuheben und ihm dabei Tiefe beziehungsweise eine körperliche Konsistenz zu geben. Diese Eigenheiten stellen das Werk von Schiele sowohl in die Tradition Holzschnitttechniken im japanischen Stil als auch in die der Arbeit seines „Malermeisters“ Gustav Klimt an.

Als Schiele dieses Bildnis malte, kannte er Peschka schon für eine sehr lange Zeit. Sicherlich spielte das gegenseitige Verständnis, das die beiden Maler verband, eine große Rolle in dem formellen Erfolg dieses Werkes. Dieses Bild war sowohl ein Teil der öffentlichen Austellung, an der Schiele 1909 in Klosterneuburg teilnahm, als auch der internationalen Kunstschau der Bildenden Künste Wien.
SITZENDER WEIBLICHER AKT MIT ABGESPREIZTEM RECHTEN ARM (GERTRUDE SCHIELE)
Diese vorbereitende Studie gehört zu einer Reihe von fünf, 1910 gemalten Akten, die die vorwärtsschreitende Entwicklung von Schieles Kunst kennzeichnen. Drei davon sind Selbstbildnisse, zwei andere Porträts seiner Schwester Gertrude. Die Gemälde kennzeichnen auch den sinnlichen und gleichzeitig krankhaften Charakter des Ästhetizismus des Künstlers.

MUTTER UND KIND
Dieses Werk, das auf den ersten Blick wie ein liebevolles Porträt der Mutterschaft erscheint, ist auf den zweiten Blick ein halb religiöses, allegorisches Werk, das viele der Themen berührt, die Schiele im Zusammenhang mit Leben, Tod, Fruchtbarkeit und nachlassender Erotik bewegten. Wie in vielen Gemälden aus dieser Schaffensperiode ist die Mutterfigur auch hier leicht asymmetrisch und verzerrt dargestellt, jedoch von einem reinigenden, weißen Heiligenschein umgeben. Dies gibt ihr die Gesetztheit, die der Mutter im Allgemeinen und, im allegorischen Sinn, der Mutter aller Gnaden – der Jungfrau Maria – gebührt. Sie wendet sich vom Betrachter auf eine Art und Weise ab, die sowohl Sittsamkeit andeutet als auch erotische Erwartungen weckt. Nicht ihre Gesichtszüge, sondern ihr entblößtes Gesäß und die oberen Enden ihrer Strümpfe stehen im Zentrum des Bildes. Das Kleinkind hingegen, sich zögernd an die beschützende Mutter klammernd, ist verschwommen, undeutlich und umrisshaft dargestellt. Das Haar der Mutter richtet sich sanft nach außen zum Rest der Leinwand, während sich die Finger des Kindes schutzsuchend nach innen richten.

SITZENDER MÄNNLICHER AKT (SELBSTBILDNIS)
Schiele war von seiner eigenen Erscheinung fasziniert und malte immer wieder sein Gesicht und seinen Körper. In dieser relativ frühen Gouache bedient er sich seiner Doppelfunktion als Modell und Maler, um sein eigenes Bild zu dekonstruieren. Er stellt sich in seiner komplett verzerrten Hässlichkeit dar und bringt dadurch den Betrachter dazu, ihn direkt anzusehen. Während die Farbe des Rumpfes menschlich und lebendig erscheint, sind die Beine schmutzfarben und verstümmelt und seine Hände und Füße sind unsichtbar. Er spielt, dies scheint sicher, auf die Erbärmlichkeit des Bildes von Jesus am Kreuz an, und doch hat er die Figur erotisiert. Die einzig auffälligen Farben gehören zu dem hervorgehobenen Nabel, den Augen und den Geschlechtsorganen, die vor dem schwarzen Untergrund besonders unheilvoll erscheinen. Er befindet sich im Zentrum des Bildes in einem Wirbel von Licht. Die expressionistische Hässlichkeit ist hier allgegenwärtig, jedoch tritt sie in einer solch personalisierten Form auf und scheint so spezifisch gestaltet zu sein, dass sie beim Betrachter für den Maler als Subjekt Mitleid auslöst.

Schieles Wurzeln liegen im Jugendstil der Wiener Secession. Wie viele andere Künstler, die sich der Bewegung anschlossen, folgte er dem berühmten und charismatischen Gustav Klimt.
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