
Fantastisch sein mit “Erotische Fantasien”
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Erotische Fantasien (ASIN: B016XN14E8), von Hans-Jürgen Döpp, herausgegeben von Parkstone International.
Love’s Body Reflexionen zur Fragmentierung des Körpers
Nicht der Körper als Ganzes, sondern einzelne Körperpartien sind Gegenstand der Abhandlungen in diesem Buch. Indem wir den Körper fragmentieren, fetischisieren wir zugleich seine Teile: Jede dieser Körperpartien kann als einzelne zur Quelle erotischer Leidenschaft, zum Objekt fetischistischer Verehrung werden. Und doch konstituiert sich der ganze Körper wiederum als Summe seiner Teile.
Die Partialisierung, die wir hier vornehmen, lässt auch an den Reliquienkult denken. Die Reliquienverehrung begann im Mittelalter mit der Anbetung der Gebeine von Märtyrern und gründete auf dem Glauben, Teile des Körpers heiliger Menschen seien besonders machthaltig. Insofern huldigt jeder Fetischist, so aufgeklärt er sich auch sonst geben mag, einem solchen Reliquienkult. Die Aufteilung des Körpers wurde vormals nur bei Heiligen vorgenommen: dem Glauben folgend vervollständigt sich dieser ja wieder im Paradies. Erst später wurden auch andere mächtige Personen, wie Bischöfe und Könige, nach ihrem Tode tranchiert.

Bei unserer kulturellen Vermessung einzelner Körperpartien geht es uns insbesondere um die Geschichte von deren “erotischer Aufladung”. Ob diese nun religiös oder erotisch bedeutsam sind: auf jeden Fall gewinnen sie für den “Gläubigen” und Liebenden eine Über-Wertigkeit, die sich einer ihnen innewohnenden Attraktion und Macht verdankt. Auf diese Weise lebt im Gläubigen wie auch im Liebenden der Fetisch-Glaube alter Kulturen noch fort.
O Leib, wie lässt du gnädig meine Seele
Ein Glück verspür’n, das ich mir selbst verhehle,
Und während sich die wackre Zunge scheut,
All das zu loben, was mich hoch erfreut,
Hast du, o Leib, an Macht noch zugenommen,
Ja, ohne dich zumal ist nichts vollkommen,
Ist auch der Geist nicht greifbar, er zerrinnt
Wie vager Schatten oder flüchtiger Wind.

Die Blasons anatomiques du corps féminin erschienen 1536, eine vielfach neu aufgelegte Sammlung von Preisgedichten auf jeweils einzelne Körperteile. Mit diesen Lobliedern auf die Teile des weiblichen Körpers wurde eine frühe Form des sexuellen Fetischismus geschaffen. “Niemals”, schrieb Hartmut Böhme, “kommt es auf die Preisung des ‘ganzen Körpers’ an, geschweige denn auf die Person der Angebeteten, sondern auf die rhetorische Exposition von Körperfragmenten oder Accessoires”. Dabei stellten Haupt und Schoß die “Zentralorgane” dieser Dichtung dar.
Es war zu erwarten, dass Vertreter der Kirche in diesen poetischen Verfahren einen neuen Götzendienst witterten und in der durchgehenden Nacktheit der Frauen sündige Schamlosigkeit erkannten:
“Die venushaften Glieder zu besingen,
Göttliche Ehren ihnen darzubringen,
Ein Irrtum ist und Götzendienerei,
Wofür die Erd um Gottes Rache schrei.”

Heißt es in einer Schrift Contre les blasonneurs des membres aus dem Jahre 1539. Die Dichter der Blasons seien “…die ersten Fetischisten der Literaturgeschichte”: “Die Blasons anatomiques bilden eine Art sexuelles Menu à la carte: von Kopf bis Fuß eine Folge fetischistierter Leckerbissen (und in den Contreblasons von Kopf bis Fuß eine Folge von sinnlichen Abscheulichkeiten und Entstellungen). Eine solche Gastrosophie des weiblichen Fleisches ist nur denkbar, wenn die Frau als Person durchgestrichen wird. Die Fetischisierung des weiblichen Körpers erzwingt den Ausschluss der Frau”. Insofern seien die Blasons frauenlos.
Die poetische Zerstückelung des weiblichen Körpers entspreche einem fetischistischem Phallozentrismus, dem, wie Böhme bemerkt, durchaus auch Aggressivität zugrunde liege. “Sexistisch” würde man sie heute nennen. “Frau – das ist ein Konglomerat sexuell-rhetorischer Körperteile, an denen Männer ihre Lust haben”: Man wird des Körpers der Frau in allen Einzelheiten habhaft, um den Preis, dass sie selbst negiert wird. “Zelebriert wird eine höfisch kultivierte Zerlegung der Frau im Dienste männlicher Phantasien”. Der Frauenkörper – eine Puppe der Lust? In Böhmes Kritik schwingt viel zeitgenössische feministische Kritik mit: Nur im Verein mit dem Personalen könne dem Körperlichen gehuldigt werden, als sei der Körper selbst etwas Minderes. Was Böhme auf den Phallozentrismus bezieht, ist jedoch in erweitertem kulturellen Zusammenhang zu sehen: Der fortschreitende Zivilisationsprozess ging einher mit einer zunehmenden Entfremdung des Körpers; noch in jeder individuellen Entwicklungsgeschichte wiederholt sich dieser Prozess.

Womit wir wieder bei den Blasons anatomiques angelangt sind.
„Es ist mehr Vernunft in deinem Leib, als in deiner besten Weisheit”: Ein Bewusstsein des Leiblichen ist zu entwickeln, das die Trennung zwischen Köper und Geist überwindet und das den Körper ebenso auch als kulturgeschichtliches Produkt begreift. Alle Einzel-Erotismen aber finden zusammen im Lobpreis des Ganzen Körpers:
So wollen wir den Leib gebührlich preisen,
Ihm als dem Herrn und Meister Ehr erweisen,
Da ja der Geist, der nur das Denken pflegt,
Uns leiblos weder Glück noch Leid erregt:
Den Leib macht seine Tatkraft rühmenswert,
Die Kraft, die uns vollendet, uns verzehrt…

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