
Michelangelo da Caravaggio – Der Maler von größtem Fleiß auf exquisiteste Weise
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Michelangelo da Caravaggio (ASIN: B00J86V8DK), von Félix Witting und M.L. Patrizi herausgegeben von Parkstone International.
Wenn der „Caravaggio“ genannte Michelangelo Merisi und seine Kunst für beinahe drei Jahrhunderte dem Vergessen anheim gefallen waren, so kann man heute doch feststellen, dass er seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts weitgehend rehabilitiert worden ist. Er war zwar verbannt (sagte Poussin nicht, dass er gekommen war, um die Malerei zu zerstören?) und in den Mäandern des Vergessens verborgen, dennoch scheint sein Name in ganz bestimmten Momenten in der Geschichte im kollektiven Gedächtnis wieder aufgetaucht zu sein. Schon ein Zeitgenosse Caravaggios, Giovanni Baglione (1571-1643), erkannte dessen Bedeutung als Vorläufer eines resolut modernen Stils. Er stellt bei dem Künstler fest, dass dieser ein starkes Verlangen hat, nach der „glühenden Begeisterung der Öffentlichkeit, die nicht mit den Augen urteilt, sondern mit den Ohren hinschaut“, zu suchen, und dass er zahlreiche junge Künstler dazu getrieben hat, ausschließlich auf die Farbgebung zu achten und nicht auf den Aufbau der Figuren. Baglione beschreibt dennoch seine Werke als „mit dem größten Fleiß und in der feinsten Art und Weise ausgeführt“.

Gleich ihm hatte Caravaggios Mäzen, der Marchese Vincenzo Giustiniani di Bassano (1564-1637) keinen Zweifel an dem überragenden Genie des Künstlers. In einem an den Rechtsanwalt Teodoro Amideni adressierten Brief greift dieser den Standpunkt des Malers auf, den er für ausschlaggebend hielt: „Wie Caravaggio sagte, es kostet ihn ebenso viel Mühe, ein gutes Blumenbild zu malen wie ein Bild mit Figuren“ und „zu den Malern erster Wahl zählen wir unseren Caravaggio“. Für ihn malte Caravaggio um 1601 auch seinen Amor vincit Omnia (Amor als Sieger), und als das Altarbild mit dem Heiligen Matthäus für die Contarelli-Kapelle in San Luigi dei Francesi von der Kongregation abgelehnt worden war, entschloss sich der Marchese, es zu erwerben.
Und auch der Kunsthistoriker Giulio Cesare Gigli ergeht sich in begeisterten Lobreden über Caravaggios Kunst in Bezug auf die pittura trionfante: „Das ist er, der große Michelangelo Caravaggio, ein großartiger Maler, ein Wunder in der Kunst, ein Wunder in der Natur“. Darüber hinaus beschreibt im 18. Jahrhundert der Direktor der Spanischen Akademie in Rom, Francisco Preziado, den Maler Caravaggio in einem am 20. Oktober 1756 an Giambattista Ponfredi gerichteten Brief als den Gründer einer Schule, der fortan Ribera und Zurbarán angehören. Und wenn der stürmische Maler während der klassischen Periode von Zeit zu Zeit in die Erinnerung zurückgerufen wird, dann gab es insbesondere im Verlauf der Romantik ein punktuelles Interesse für den Wegbereiter des Barock.
Auch der große Philosoph Arthur Schopenhauer (1788-1860) schenkte ihm Aufmerksamkeit, den Standpunkt des Fachmanns dagegen vertrat Professor Waagen (1794-1868), der Caravaggios Besonderheiten herauszuarbeiten suchte. Vom akademischen Standpunkt schließlich tat sich der Kunsthistoriker Manasse Unger (1802-1868) hervor, der in seinen Kritischen Forschungen Recherchen über die künstlerische Wirkung des Malers anstellte und Caravaggios Lebensgeschichte begonnen hatte, die der fachhistorischen Beurteilung von J. Meyer nach für die damalige Zeit sehr vollständig ist. Der Kunsthistoriker Eisenmann bemühte sich ebenfalls, aus den unterschiedlichen Ansichten hinsichtlich der Bedeutung des Künstlers einen Sinn herauszulesen. Die Historiker Woltmann (1841- 1880) und Woermann (1844-1933) hingegen betteten ihr literarisches Porträt des Malers in eine Darstellung der historischen Entwicklung der Malerei. Dünn gesäte, aber ernsthafte, seltsam reservierte und doch spannungsgeladene Bemerkungen widmete der Kunsthistoriker Jakob Burckhardt (1818-1897) dem Künstler in der ersten Ausgabe des Cicerone. Interessanterweise wurden sie in den folgenden Auflagen nicht geändert.

In der Zwischenzeit ergriffen Maler wie zum Beispiel Théodule Ribot (1823-1891) in ihren Theorien über die Kunst voll und ganz Partei für den barocken Meister, suchten aber auch ganz bewusst die Verdienste ihres französischen Caravaggios, des Meisters Valentin de Boulogne (1591-1632), aufrechtzuerhalten. Was auf diesem Gebiet noch zu erbringen war, ist ein historischer, objektiver Ehrenerweis, und die Anerkennung einer psychologischen Dimension der Werke des Caravaggio und seiner Kunst, um somit jenseits der literarischen Begeisterung zu den immer gültigen Werten des Malers zu gelangen.
Caravaggios Leben gab Anlass zu zahlreichen, allesamt von der gewalttätigen und überspannten Persönlichkeit des Malers beherrschten biographischen Auslegungen. Eine davon ist die berühmte, in Gedichtform gefasste Notizia von Mancini (eine Übersetzung davon befindet sich am Ende dieses Buches), die die wichtigsten Ereignisse in Caravaggios Leben aufzählt. Diesem Gedicht und anderen historischen Quellen nach kam Michelangelo Merisi im September 1571, wahrscheinlich am 29., dem Tag des Heiligen Erzengels Michael, in Mailand zur Welt, wo sein Vater laut Mancini „Architekt und Vorarbeiter des Marchese von Caravaggio“, Francisco I. Sforza, war. Die Begabung zum Malen, die das Kind ziemlich früh an den Tag legte, könnte es von seinem Vater geerbt haben. Das widerspricht aber dem, was Bellori geschrieben hat (eine Übersetzung befindet sich ebenfalls am Ende dieses Buches), wonach der Künstler als Sohn eines Maurers so wie Polidoro da Caravaggio (um 1495-1543) schon in frühester Jugend die Säcke mit Kalk und Putz für die Freskomaler getragen hat. Es ist dennoch sehr wahrscheinlich, dass Caravaggio ein gewisses Talent von seinen Vorfahren geerbt hat, wenngleich einige Biographen die Bedeutung eines solchen Erbes gerne bagatellisierten. Wie dem auch immer sei, seine Eltern waren also ehrbare Mitglieder der Stadtgemeinschaft. Sein Vater genoss als Verwalter des Marchese einen gewissen Schutz, von dem Caravaggio sein Leben lang profitieren sollte.

Im Herzogtum von Mailand brach 1576 die Pest aus, und die Familie Michelangelo Merisis musste aus der Stadt Mailand in die kleine Stadt Caravaggio fliehen, wo der Künstler seine Kindheit verbrachte. Wenige Monate danach verlor er im Alter von sechs Jahren seinen Vater. Sieben Jahre später tritt Caravaggio am 6. April 1584 in Mailand beim Maler Simone Peterzano (um 1540-um 1596) die Lehre an, wo er vier oder fünf Jahre lang fleißig lernte. In dieser Zeit erlaubte er sich schon damals von Zeit zu Zeit ein paar Streiche, die auf sein zur Übertreibung neigendes und leicht erregbares Temperament zurückzuführen waren…
Entdecken Sie Caravaggios Werke zu:
Contarelli Chapel, San Luigi dei Francesi
Cerasi Chapel, Santa Maria del Popolo
Cavalletti Chapel, Sant’Agostino
Utrecht, Caravaggio and Europe
Gemäldegalerie – Staatliche Museen zu Berlin
Caravaggio’s Heirs Baroque in Naples
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