
Canaletto – Typischer starker Kontrast zwischen Licht und Schatten
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Canaletto (ASIN: B016XN12TK), von Octave Uzanne herausgegeben von Parkstone International.
Alfred de Musset
(1810-1857)
Venidig
Venezia, du rothe,
Wie still sind deine Boote!
Kein Fischer treibt sein Amt,
Kein Lichtchen flammt.
Nur an dem Uferplatze
Hebt seine eh’rne Tatze
Der Löwe wie zum Lauf
Gewaltig auf…
Jeder, der sich für das 18. Jahrhundert zu begeistern vermag, weiß um den besonderen Charme, der von Venedig ausgeht. Tatsächlich könnte man sich keine traumhaftere Kulisse für eine sinnenfreudige Gesellschaft vorstellen, die in den Tag hineinlebt und gerne jede Gelegenheit zur Zerstreuung ergreift. Welche Umgebung wäre besser geeignet, Dichter und Maler zu inspirieren? Der Schriftsteller findet hier ebenso großartige Motive wie der Maler und der Goldschmied. Théophile Gautier war vom Stadtbild und der lebendigen Art der Einwohner so angetan, dass er sich lange Zeit mit dem Projekt trug, die Dogenstadt in einer die Sitten dieser leichtfertigen und überschwänglichen Bevölkerung naturgetreu nachzeichnenden Erzählung zu beschreiben und literarisch aufleben zu lassen. Wenn dieser Roman jedoch, obwohl er die Fantasie des Meisters so oft beschäftigte, nie geschrieben wurde, so sehen wir zumindest die Bühne dafür in den Bildern von Canaletto, so stehen uns zumindest die in die Erinnerungen seiner Zeitgenossen eingestreuten Einzelheiten zur Verfügung. Es bleiben uns die Zeugnisse der am besten informierten Zeitzeugen – wie etwa Carlo Goldoni, Carlo Gozzi oder Giacomo Casanova –, die allesamt eine Gewinn bringende Lektüre sind, oder noch besser, die der Reisenden, die es verstehen, zu sehen und zu erzählen, wie Charles de Brosses oder François Joachim de Pierre de Bernis.

Trotz des leichten und manchmal spöttischen Tons zeichneten die Briefe von de Brosses in der Mitte des 18. Jahrhunderts ein höchst attraktives Porträt von Italien. Charles de Brosses war im Frühjahr 1739 in Begleitung mehrerer Adliger aufgebrochen und nutzte die zehnmonatige Reise als Mann von Geist, der er war, ebenso zu seinem Vergnügen wie zu seiner Bildung. Schon im Alter von einundzwanzig Jahren war er Rat geworden; nun war er dreißig Jahre alt und mit einer Sinnenschärfe begabt, wie sie nur jungen Menschen eigen ist. Zu seinem soliden Allgemeinwissen kamen, wie aus seinen Briefen hervorgeht, eine große Klarsicht und eine höchst zuverlässige Urteilskraft hinzu. Bevor er Präsident des Parlaments in Dijon wurde, war er von Venedig so begeistert, dass er sich mit dem Gedanken trug, sich als Botschafter bei der Serenissima Repubblica zu bewerben. Da jedoch dieser Beobachtungsposten inmitten des südlichen Europa ein heikles Amt war, überlegte er es sich anders, und fünfzehn Jahre später erhielt es der Abbé de Bernis.

Als guter Menschenkenner und daher selbst nicht gerade leicht zufrieden zu stellen, gelang es Bernis, sich durch seine Geschäftsführung während seiner kurzen Amtszeit die Anerkennung seiner Regierung für seinen Charakter und seine Fähigkeiten zu erwerben. Er blieb daher noch lange nach seinem Weggang in Erinnerung. In seinem Streit mit Venedig berief ihn Papst Benedikt XIV. (1675 bis 1758) zum Vermittler. Der spätere Kardinal wurde umgehend von der gegnerischen Partei anerkannt, konnte die Differenzen zwischen Rom und Venedig zur Zufriedenheit der beiden Mächte beilegen, und ohne Zweifel trug sein erfolgreiches Einschreiten dazu bei, dass er die hohe Kirchenwürde erhielt. Die von dem Botschafter Bernis während seiner Amtszeit redigierten Depeschen sind aussagekräftig, voller subtiler Bemerkungen und in einem hervorragenden Französisch gehalten; sie gefielen Ludwig XV. (1710 bis 1774), und da der König seinen Repräsentanten auch für wichtigere Dienste als geeignet hielt, rief er ihn 1757 nach Frankreich zurück.
Bevor wir nun das Leben und Werk von Giovanni Antonio Canal näher betrachten, empfiehlt es sich, sich ein Bild von seiner Geburtsstadt und von seinen Zeitgenossen zu machen, besonders, da die Künste, die Literatur und die Zerstreuungen damals, vielleicht mehr denn je, eine gemeinsame Entwicklung durchmachten. Denn nur dann kann man Ursprung und Entwicklung der Begabung, des Intellekts und der Arbeitsweise des Meisters wirklich verstehen, wenn man vorher die Gesellschaft untersucht hat, der er angehörte. Bei der ersten Begegnung mit der Geschichte Venedigs kann man nicht anders als Bewunderung empfinden für die kraftvolle Energie und für den Ausdehnungswillen des venezianischen Volkes, das innerhalb so enger Grenzen lebt. Die Stadt wurde von einem glühenden Patriotismus bewegt; der Wohlstand und die Existenz eines jeden Einzelnen vermischten sich mit den Interessen des Stadtwesens. Die Anfänge dieses Marktfleckens von Flussschiffern waren allerdings äußerst bescheiden, die Sandbänke waren unfruchtbar, auf denen die ersten Banden Flüchtiger sich niederließen.

Und doch ist nichts so außergewöhnlich wie diese Republik, die auf dem Höhepunkt ihrer Macht in der Lage war, Flotten mit immerhin fünfhundert Segeln an den Bosporus zu entsenden, dreitausend Schiffe in einem Verband auf den Weg zu schicken, und eine eigenständige künstlerische Ausdrucksweise voll der verschiedenartigsten Elemente hervorzubringen. Auf diese Weise errang sich Venedig einen Platz unter den großen europäischen Königreichen. Zwar ohne Tore und Befestigungsanlagen, war die Stadt dennoch vor den Kriegsschiffen durch die Untiefen ihrer Lagunen sicher und blieb uneinnehmbar für deren Armeen. Sie hatte jeweils ein Standbein im Orient und auf Zypern und führte die Kreuzzüge an den Küsten des Mittelmeers, im Peloponnes und auf Kreta weiter, und ihre Soldaten gaben den Kampf gegen die Ungläubigen nie auf; bei Lepanto brachte Venedig allein die Hälfte der christlichen Flotte auf…

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Thyssen-Bornemisza National Museum
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