Georges de Feure, Das Tor zu Träumen II, 1898
Art,  Art and Design,  Deutsch

Jugendstil – Die Wunder der Joaillerie, Bijouterie, Silber, Glas, Mosaik und Keramik

Einführungsvideo: A Nice House on the Side of the Street von Simone Cipo von Pexels.

Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Jugendstil (ISBN: 9781783103386) von Jean Lahor, herausgegeben von Parkstone International.

„Man kann über die Verdienste und die Zukunft der neuen Bewegung der angewandten Kunst geteilter Meinung sein, aber es gibt keinen Zweifel, dass sie gegenwärtig in ganz Europa und in allen englischsprachigen Ländern außerhalb Europas dominiert; was sie jetzt nur noch braucht, ist Führung, und dies ist eine Aufgabe für Männer mit Geschmack.“ (Jean Lahor, Paris 1901)

Victor Horta, Solvay Haus, Ansicht des Hauptsalons, 1895, Jugendstil
Victor Horta, Solvay Haus, Ansicht des Hauptsalons, 1895. Brüssel. © 2007 – Victor Horta/Droits SOFAM – Belgique

Der Jugendstil entstand aus einer sich erstmals 1892 innerhalb der angewandten Kunst Westeuropas bemerkbar machenden Bewegung, aber seine Geburt war weniger spontan, als vielfach angenommen wird. Die dekorativen Künste waren zwischen dem Untergang des Stils des französischen Kaiserreichs etwa um 1815 und der Weltausstellung in Paris im Jahr 1889 zu Ehren des hundertsten Jahrestages der Französischen Revolution vielen Veränderungen unterworfen. Es gab in dieser Zeit z.B. deutliche, noch auf der Weltausstellung des Jahres 1900 in Paris zu sehende Wiederbelebungen der Praktiken der Restaurationszeit sowie der Zeiten der französischen Könige Louis Philippe und Napoleon III. Die Tradition (oder besser die Nachahmung) spielte in diesen unterschiedlichen Stilrichtungen jedoch eine zu große Rolle, als dass daraus eine einheitliche Bewegung hätte entstehen können. Es gab in dieser Zeit allerdings durchaus eine Reihe von Künstlern, die sich durch die Artikulation ihres eigenen dekorativen Ideals von ihren Vorgängern abheben wollten.

Wofür stand die neue Bewegung in der angewandten Kunst im Jahr 1900? Wie überall bedeutete sie auch in Frankreich, dass die Menschen der üblichen, sich wiederholenden Formen und Methoden, der alten Klischees und Banalitäten, der endlosen Imitation von Möbeln aus der Zeit von Königen, die allesamt Ludwig hießen (Ludwig XIII. bis Ludwig XVI.), aus der Gotik und der Renaissance überdrüssig waren. Sie bedeutete, dass die Künstler endlich die Kunst ihrer eigenen Zeit annahmen. Bis 1789 (dem Ende des Ancien Régime) hatte sich der Stil in Abhängigkeit von Königen fortentwickelt; dieses Zeitalter wollte seinen eigenen Stil. Und es gab (jedenfalls außerhalb Frankreichs) eine spürbare Sehnsucht, nicht länger der Sklave einer ausländischen Kunst und Mode zu sein. Dieser Wunsch war ein wesentlicher Bestandteil des erwachenden Nationalismus dieser Zeit, in der jede Nation eine eigene, unabhängige Kunst und Literatur entwickeln wollte. Kurz, es gab überall den Drang hin zu einer neuen Kunst, die weder eine servile Kopie der Vergangenheit noch eine Nachahmung eines ausländischen Geschmacks war.

Georges Clairin, Sarah Bernhardt, 1876, Jugendstil
Georges Clairin, Sarah Bernhardt, 1876. Öl auf Leinwand, 200 x 250 cm. Petit Palais, Musée des Beaux-Arts de la Ville de Paris, Paris.

Zusätzlich bestand ein großes Bedürfnis nach angewandter Kunst, weil es bis zur Jahrhundertwende schlicht keine gegeben hatte. In früheren Epochen hatte die angewandte Kunst geradezu geblüht. In der Vergangenheit war alles, von der Kleidung und den Waffen bis hin zu den einfachsten Haushaltsgegenständen – von Kaminen, Kaminböcken und Blasebälgen bis hin zu Trinkbechern – reich geschmückt gewesen. Jedes Objekt hatte seine eigenen Ornamente, seine eigene Schönheit und Eleganz besessen. Aber das 19. Jahrhundert hatte sich nur für das Funktionale interessiert. Schönheit, Eleganz und Ornamente waren überflüssig. Das gleichzeitig erbärmliche und großartige 19. Jahrhundert war so tief gespalten wie Pascals menschliche Seele. Das Jahrhundert, das so traurig in der brutalen Missachtung des Völkerrechts endete, hatte mit einer vollkommenen Gleichgültigkeit gegenüber der dekorativen Schönheit und Eleganz begonnen und war zum großen Teil durch eine einzigartige Lähmung des ästhetischen Gefühls und Geschmacks charakterisiert.

Die Rückkehr des verbannten ästhetischen Empfindens half bei der Entstehung des Jugendstils. In Frankreich begann man, die Absurdität der Situation zu durchschauen und verlangte nun von den Stuckateuren, Raumausstattern, Möbeltischlern und sogar Architekten Fantasie, Kreativität, ein wenig Innovation und Authentizität. Auf diese Weise entstand eine neue Form der angewandten Kunst als Antwort auf die Bedürfnisse einer neuen Generation.

Tiffany & Co., Satz aus vier Gläsern und Löffeln in einem Jugendstil-Kasten
Tiffany & Co., Satz aus vier Gläsern und Löffeln in einem Jugendstil-Kasten. Favrile-Glas und vergoldetes Silber. Macklowe Gallery, New York.

Die zur Schöpfung einer neuen Kunst fähigen neuen Tendenzen sollten erst auf der Weltausstellung von 1889 in Erscheinung treten. Dort artikulierten die Engländer ihren eigenen Geschmack in Möbeln; die amerikanischen Silberschmiede Graham und Augustus Tiffany schmückten die Produkte ihrer Werkstätten mit neuen Ornamenten und Louis Comfort Tiffany revolutionierte die Kunst der Buntglasherstellung. Eine Elite französischer Künstler und Hersteller stellte Arbeiten aus, die ebenfalls große Fortschritte illustrierten: Emile Gallé zeigte selbst entworfene Möbelstücke und farbige Glasvasen, bei denen er durch Feuer brillante Effekte erzielte; Clément Massier, Albert Dammouse und Auguste Delaherche stellten geflammtes Steinzeug in neuen Farben und Formen aus und Henri Vever, Boucheron und Lucien Falize präsentierten Silber und Schmuck von neuer Raffinesse. Die neue Tendenz in der Ornamentik war so fortschrittlich, dass Falize sogar mit Küchenkräuter-Ornamenten geprägte alltägliche Silberobjekte vorführte.

Emile Gallé, Orchideenvase, Jugendstil
Emile Gallé, Orchideenvase. Glas mit eingelegten Ornamenten und Relief. Privatsammlung.

Das Vorbild der Weltausstellung von 1889 trug schon bald Früchte; alles drängte zu einer Revolution in der Kunst. Befreit von den Vorurteilen der erhabenen Kunst, suchten die Künstler nach neuen Ausdrucksformen. Im Jahr 1891 etablierte die französische Societé Nationale des Beaux-Arts eine Abteilung für die angewandten Künste. Diese war im ersten Jahr ihres Bestehens zwar noch weitgehend bedeutungslos, stellte im Salon von 1892 aber bereits erstmals Zinnarbeiten von Jules Desbois, Alexandre Charpentier und Jean Baffier aus. Und die der angewandten Kunst gegenüber zunächst reservierte Société des Artistes Français war gezwungen, beim Salon von 1895 die Aufnahme einer besonderen, den Objekten der angewandten Kunst gewidmeten Abteilung zu akzeptieren…

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