
SATAN, BEELZEBUB, LUZIFER – Der Teufel in der Kunst
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem SATAN, BEELZEBUB, LUZIFER – Der Teufel in der Kunst (ASIN: B016XN17RM), von Arturo Graf, herausgegeben von Parkstone International.
JEDER kennt den romantischen Mythos von der Rebellion und dem Sturz der Engel. Dieser Mythos, der Dante Alighieri (1265 bis 1321) zu den schönsten Zeilen seiner Göttlichen Komödie, und da beson- ders der Hölle, und John Milton (1608 bis 1674) zu einer unvergessli- chen Episode in Das verlorene Paradies inspirierte, hatte so mancher Kirchenlehrer und Kirchenvater nach Belieben ausgeschmückt und teilweise entstellt, aber sein Grundstock liegt nirgends anders als in der Deutung eines einzigen Verses im Buch Jesaja und einiger recht obsku- rer Passagen im Neuen Testament.
Ein weiterer Mythos, der zwar einen völlig anderen, aber nicht weniger poetischen Charakter hat und gleichermaßen von christlichen und jüdischen Kirchenschriftstellern aufgegriffen wurde, erzählt von Engeln Gottes, die sich in die Töchter der Menschen verliebt und mit ihnen gesündigt haben und zur Strafe für ihre Sünde aus dem Himmelreich, dem Reich Gottes, ausgestoßen und in Dämonen verwan- delt wurden. Dieser zweite Mythos erfuhr durch die Verse Thomas Moores und Lord Byrons eine nachhaltige Heiligung.

Beide Mythen stellen die Dämonen als gefallene Engel dar und füh- ren ihren Sturz auf eine Sünde zurück: Neid oder Stolz im ersten, ver- brecherische Liebe im zweiten Fall. Aber dies ist die Legende und nicht die Geschichte von Satan und seinen Gesellen. Die Ursprünge Satans als allumfassende Personifikation des Bösen sind weit weniger romantisch und gehen gleichzeitig deutlich tiefer und noch weiter zurück. Satan war viel früher da, nicht nur früher als der Gott Israels, sondern auch früher als alle anderen mächtigen und gefürchteten Götter, die der Menschheit durch ihre lange Geschichte hindurch in Erinnerung geblieben sind. Satan fiel nicht Hals über Kopf aus dem Himmel, son- dern entsprang den Abgründen der menschlichen Seele, zeitgleich mit jenen nebelhaften Gottheiten dunkelster Vorzeit, an deren Namen sich nicht einmal ein Stein mehr zu erinnern vermag, die ausgedient haben und von den Menschen längst vergessen sind.
Zeitgleich mit diesen Göttern, und oft mit ihnen verwechselt, ist Satan zunächst ein Embryo wie jedes andere lebende Wesen auch. Und erst langsam beginnt er zu wachsen und wird schließlich zu einer Person. Das Gesetz der Evolution, das alle Wesen leitet, leitet auch ihn.
Der Dualismus nimmt zuerst im Judentum, später dann im Christentum Form an und bildet spezielle Charakteristiken aus. Und wenn auch in anderen Religionen, selbst in den primitiven, eine Art Phantom des Satans ausgemacht werden kann, eine Form, die man – um einen Begriff aus der Chemie zu verwenden – allotrop nennen könnte, eine Form mit vielen Namen, manchmal erweitert oder vergrößert, so gehört doch der wahre Satan mit den Eigenschaften, die typischerweise nur er hat und die seine Persönlichkeit ausmachen, in diese beiden oben genannten Religionen, und ganz besonders in die zweite.

Satan wächst Stück für Stück und ist schließlich vollständig. Sacharja stellt ihn als einen Feind und Ankläger des auserwählten Volkes dar, der erpicht darauf sei, es um die göttliche Gnade zu betrügen. In der Weisheit Salomons ist Satan ein Unruhestifter und einer, der das Werk Gottes untergräbt und zerstört. Er war es, der durch Neid unsere Vorfahren zur Sünde trieb. Er ist das Gift, das die Schöpfung verdirbt, verschmutzt und zerstört. Im Buch Henoch jedoch, und da besonders im älteren Teil, sind die Dämonen lediglich entzückt von den Töchtern der Menschen und verheddern sich in den Fallstricken von Geist und Materie, so als ob man bei einer Prosa dieser Sorte versuchen würde, der Anerkennung einer Ordnung ursprünglich diabolischer Wesen aus dem Wege zu gehen. Im jüngeren Teil desselben Buches dagegen sind die Dämonen aus diesen Verbindungen geborene Riesen.
Satan erreicht den Höchsten Grad seiner Entwicklung im Mittelalter, in jener unglücklichen und unruhigen Zeit, in der sich das Christentum höchst energisch is. Er erreicht seine Reife zur gleichen Zeit wie die verschiedenen Institutionen und eigentümlichen Erscheinungen jenes Zeitalters, und während die Kunst der Gotik in hochaufragend-betürmten Gotteshäusern ihre Blüte erlebt, erfährt im Bewusstsein der christlichen Völker auch der Mythos Satan seine Blüte, düster und ungeheuerlich.

Nach dem Ende des 13. Jahrhunderts beginnt sein Niedergang, er erschlafft, ebenso erschlaffen das Papsttum, die Scholastik, der feudale Geist und der Geist der Askese. In einer Religion wie derjenigen der Griechen, strotzend vor Farbe und Leben, hätte er keine herausragende Stellung einnehmen können. Um zu wachsen und zu gedeihen braucht er Schatten, braucht er unergründliche Geheimnisse wie Leid und Sünde, die wie ein Leichentuch die Religion von Golgota (Golgatha) einhüllen.
Satan ist ein Kind der Angst, und der Schrecken beherrscht das Mittelalter. Ergriffen von einer unüberwindlichen Angst, fürchten die Menschen die Natur, die voller böser Omen und voller Ungeheuer steckt; sie fürchten die physische Welt, die der Welt des Geistes als unversöhnlicher Feind gegenübersteht; sie fürchten das Leben als Zunderbüchse, als ständigen Anreiz zur Sünde; sie fürchten den Tod, hinter dem die Ungewissheit der Ewigkeit gähnt. Träume und Visionen quälen die Gedanken der Menschen.
Der stundenlang im Gebet vor dem Eingang seiner Zelle kniende ekstatische Eremit sieht bedrohliche Heere und wüste Horden apoka- lyptischer Bestien durch die Luft fliegen. Seine Nächte werden von flammenden Zeichen erhellt, die Sterne stehen verzerrt und blutgeba- det, sind traurige Omen drohenden Unheils. Zu Zeiten der Pest, die die Menschen wie reifes Korn dahinmäht, werden Pfeile gesichtet, geworfen von unsichtbaren Händen, die die Luft zerteilen und zischend ver- schwinden. Und dann und wann geht eine unheilvolle Kunde vom bal- digen Weltenende wie ein Beben über das Gesicht der schreckerfüllten Christenheit, es ist die Kunde, der Antichrist sei zum Leben erwacht und nun werde das von der Apokalypse vorausgesagte schreckliche Geschehen beginnen.

Satan wächst in den düsteren Schatten der großen Kathedralen, hinter wuchtigen Säulen, in den Nischen des Chores; er wächst in der Stille der Klöster, eingeschleppt durch die Starre des Todes; er wächst in der bewehrten Burg, wo heimliche Gewissensbisse am Herzen des verbitterten Edelmannes nagen; in der verborgenen Kammer, wo der Alchimist mit Metallen experimentiert; im einsamen Wald, wo nachts der Hexenmeister Zaubersprüche murmelt; in der Furche, in die der hungernde Leibeigene fluchend den Samen wirft, der bestimmt ist, sei- nen Herrn zu nähren. Satan ist überall, ungezählt sind jene, die ihn gesehen haben, ungezählt die, die mit ihm verkehrt haben. Aber auch in diesem Falle brachten Angst und Hass das Übliche her- vor: übertriebene Ansichten und übersteigerten Glauben. Die Figur Satans hatte die Konsequenzen zu tragen, und dieses Übermaß, dieser Exzess, führte bei denen, die eines moderateren Geistes waren, zu der Einsicht, dass der Teufel gar nicht so schwarz sei, wie er gemalt wurde…
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