
Emotionen durch einzigartige Farben und Formen in Wassily Kandinskys abstrakter Kunst
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Wassily Kandinsky (ASIN: B013OUIYLO), von Wassily Kandinsky herausgegeben von Parkstone International.
Der russische Maler, Grafiker und Kunsttheoretiker Wassily Kandinsky (1866-1944) gilt als einer der Erfinder der abstrakten Malerei. Der studierte Jurist entschied sich erst relativ spät für eine Künstlerkarriere, veränderte die Welt der Kunst in der Folge allerdings tief greifend. Als Mitglied zahlreicher Künstlergruppen wie Phalanx, Die Neue Künstlervereinigung München, Karo-Bube und Der Blaue Reiter beeinflusst er die zeitgenössische Kunst maßgeblich. Das vorliegende Buch nimmt Kandinskys kunsttheoretisches Standardwerk Über das Geistige in der Kunst (1912) zum Ausgangspunkt, um sich dem Künstler und seinen Bildern zu nähern. Die in seinem Text dargelegte Farb- und Formenlehre manifestiert sich in all seinen Werken, wird im Laufe seiner Schaffenszeit aber immer mehr an Bedeutung gewinnen. Kandinskys künstlerische Wurzeln liegen in der russischen Ikonenmalerei, seine Motive russischer Folklore zeugen von einer tiefen Verbundenheit mit seiner Heimat. Zunächst folgt Kandinsky dem Realismus, bevor er sich nach Phasen, in denen er von unterschiedlichen Strömungen – darunter Impressionismus, Jugendstil, Neo-Impressionismus und Expressionismus – beeinflusst wird, der Abstraktion zuwendet. Während seiner Anfangszeit als Künstler in München (ab 1896) kann sein Stil als organisch bezeichnet werden. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Gabriele Münter malt er farbenfrohe Landschaften von der bayerischen Natur: Werke, von denen vor allem seine Darstellungen der Gemeinde Murnau repräsentativ für diese Zeit stehen. Kandinsky bleibt bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Deutschland.

Nach seiner Rückkehr nach Russland im Jahr 1914 wird er vom Konstruktivismus beeinflusst, was sich in von harten Linien, Punkten und geometrischen Formen dominierten Kompositionen zeigt. Als Teil der russischen Avantgarde wird er infolge der Russischen Revolution zu einer entscheidenden Persönlichkeit des öffentlichen kulturellen Lebens, bis er aufgrund des sich ändernden politischen Klimas nach Berlin geht. Während seiner Berliner Jahre (1920-1922) werden die Landschaftsdarstellungen aus seiner Zeit in München schließlich von immer abstrakteren Bildern abgelöst. Sein Stil wird sich in den darauf folgenden Jahren, während derer er am Bauhaus – zunächst in Weimar, später in Dessau – tätig ist, in eine geometrische Richtung in Form von Piktogrammen und Hieroglyphen entwickeln. Später in Paris (ab 1933) tauchen im Gegensatz dazu verstärkt biomorphe Formen in seinen Bildern auf. Wie andere Zeitgenossen, darunter Paul Klee, sieht Kandinsky ein notwendiges Zusammenspiel der verschiedenen Kunstformen, allen voran der Musik und der Farbe. Farbe wird bei Kandinsky zum Ausdruck eines Gefühls und dient nicht mehr vorrangig der Darstellung der Wirklichkeit. Kandinsky schuf ein beeindruckendes Gesamtwerk aus Gemälden in Öl, Aquarellen und Holzschnitten, in denen sich auf unterschiedliche Weise sein künstlerisches Potenzial offenbart. Daneben verfasste er weitere kunsttheoretische Schriften wie Punkt und Linie zu Fläche (1926). Sowohl seine Bilder als auch seine Texte machen Wassily Kandinsky zu einem der größten und einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts.

Jedes Kunstwerk ist Kind seiner Zeit, oft ist es die Mutter unserer Gefühle. So bringt jede Kulturperiode eine eigene Kunst zustande, die nicht mehr wiederholt warden kann. Eine Bestrebung, vergangene Kunstprinzipien zu beleben, kann höchstens Kunstwerke zur Folge haben, die einem totgeborenen Kinde gleichen.
Alle diese Formen, wenn sie wirklich künstlerisch sind, erfüllen ihren Zweck und bilden (auch im ersten Falle) geistige Nahrung, besonders aber in dem dritten Falle, wo der Zuschauer einen Mitklang seiner Seele findet. Freilich kann also ein derartiger Mit- (oder auch Wider-) Klang nicht leer oder oberflächlich bleiben, sondern die „Stimmung“ des Werkes kann die Stimmung des Zuschauers noch vertiefen – und verklären. Jedenfalls halten solche Werke die Seele von der Vergröberung ab. Sie erhalten sie auf einer gewissen Höhe, wie der Stimmschlüssel die Saiten eines Instrumentes. Aber Verfeinerung und Ausdehnung in Zeit und Raum dieses Klanges bleibt doch einseitig und erschöpft die mögliche Wirkung der Kunst nicht.
Das die Beschränkung des Begriffes „rhythmisch“ auf ausschließlich diese Fälle zu eng ist, ist auf den ersten Blick klar. Ebenso wie in der Musik jede Konstruktion einen eigenen Rhythmus besitzt, ebenso wie in der ganz „zufälligen“ Verteilung der Dinge in der Natur auch jedesmal ein Rhythmus vorliegt, so auch in der Malerei. Nur ist in der Natur dieser Rhythmus uns manchmal nicht klar, da uns seine Ziele (in manchen und gerade wichtigen Fällen) nicht klar sind. Diese unklare Zusammenstellung wird deshalb arhythmisch genannt. Diese Teilung in das Rhythmische und Arhythmische ist also vollkommen relativ und konventionell. (Geradeso wie die Teilung der Konsonanz von der Dissonanz, die im Grunde nicht existiert.)

Kompliziertere „rhythmische“ Komposition mit einer starken Andeutung des symphonischen Prinzips sind viele Bilder, Holzschnitte, Miniaturen usw. der vergangenen Kunstepochen. Man erinnere sich nur der alten deutschen Meister, der Perser, Japaner, der russischen Ikonen und besonders der Volksblätter usw. usw.
In beinahe allen diesen Werken ist die symphonische Komposition noch sehr stark an die melodische gebunden. Das bedeutet, wenn man das Gegenständliche entfernt und dadurch das Kompositionelle entschleiert, so kommt eine Komposition zum Vorschein, die aus dem Gefühl der Ruhe, der ruhigen Wiederholung, der ziemlich gleichmäßigen Verteilung gebaut ist. Unwillkürlich kommen alte Chorkompositionen, Mozart und schließlich Beethoven in Erinnerung. Das alles sind Werke, die mehr oder weniger mit der erhabenen, ruhe- und würdevollen Architektur eines gotischen Domes verwandt sind: Gleichgewicht und gleichmäßige Verteilung der einzelnen Teile ist die Stimmgabel und die geistige Basis solcher Konstruktionen. Solche Werke gehören zu der Übergangsform. Als Beispiele der neuen symphonischen Kompositionen, in welchen das melodische Element nur manchmal und als einer der untergeordneten Teile Anwendung findet, dabei aber eine neue Gestaltung bekommt, seien drei Reproduktionen nach meinen Bildern erwähnt. Diese Reproduktionen sind Beispiele drei verschiedener Ursprungsquellen:
- direkter Eindruck von der „äußeren Natur“, welcher in einer zeichnerisch-malerischen Form zum Ausdruck kommt. Diese Bilder nenne ich „Impressionen“;
- hauptsächlich unbewusste, größtenteils plötzlich entstandene Ausdrücke der Vorgänge inneren Charakters, also Eindrücke von der „inneren Natur“. Diese Art nenne ich „Improvisationen“;
- auf ähnliche Art (aber ganz besonders langsam) sich in mir bildende Ausdrücke, welche lange und beinahe pedantisch nach den ersten Entwürfen von mir geprüft und ausgearbeitet werden. Diese Art Bilder nenne ich „Komposition“. Hier spielt die Vernunft, das Bewusste, das Absichtliche, das Zweckmäßige eine überwiegende Rolle. Nur wird dabei nicht der Berechnung, sondern stets dem Gefühl recht gegeben.

Welche unbewusste oder bewusste Konstruktion aller drei Arten meiner Bilder zugrunde liegt, wird wohl dem geduldigen Leser dieses Buches klar sein. Zum Schluss möchte ich bemerken, dass meiner Ansicht nach wir der Zeit des bewussten, vernünftigen Kompositionellen immer näher rücken, dass der Maler bald stolz sein wird, seine Werke konstruktiv erklären zu können (im Gegensatz zu den reinen Impressionisten, die darauf stolz waren, dass sie nichts erklären konnten), dass wir schon jetzt die Zeit des zweckmäßigen Schaffens vor uns haben und endlich, dass dieser Geist in der Malerei im organischen direkten Zusammenhang mit dem schon begonnenen Neubau des neuen geistigen Reiches steht, da dieser Geist die Seele ist der Epoche des großen Geistigen…
Sehen Sie hier mehr über Wassily Kandinskys Kunstwerke:
Eines seiner berühmten Gemälde:



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