
Wirkung und Rezeption des Bauhauses
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Bauhaus (ASIN: B016XN124U), von Michael Siebenbrodt und Lutz Schöbe herausgegeben von Parkstone International.
Das Bauhaus war eine der bedeutsamsten und folgenreichsten kulturellen Erscheinungen des 20. Jahrhunderts. Lesen Sie hier den ersten Teil von Bauhaus.
Die weltweite Ausstrahlung des Bauhauses, seine Wirkung und Rezeption erstreckte sich seit seiner Gründung bis heute auf die Bereiche Design, Architektur, Bildende Kunst und Pädagogik. Schon während des Bestehens der Schule wirkten ihre Ideen, ihre Prinzipien und Methoden über die Landesgrenze hinaus. Die Rezeption des Bauhauses ist mittlerweile nicht mehr zu überblicken, ihre vollständige Darstellbarkeit unmöglich geworden.
Die Radikalität, mit der das Bauhaus anstehende Fragen der Industriegesellschaft aufwarf und dafür modellhafte Lösungsvorschläge lieferte, führte dazu, dass es im öffentlichen Bewusstsein zum Synonym für die Moderne avancierte. Je nach Standort des Betrachters wurde es damit zum positiven – oft idealisierten – oder negativen – oft dämonisierten – Bezugspunkt. Bis heute spielt die ideelle wie materielle Rezeption der Leistungen des Bauhauses eine wesentliche Rolle in der aktuellen Diskussion um die Zukunft von Kultur und Gesellschaft. Unzählige Bücher, Artikel und Ausstellungen sowie der anhaltende kommerzielle Erfolg von Bauhausprodukten, die zu „Design-Klassikern“ wurden, sorgten für die Verbreitung der Bauhausideen. Dazu gehört auch die Entstehung des verkürzenden Begriffs „Bauhaus-Stil“.

Bauhaus and the Third Reich
Die Nationalsozialisten attackierten das Bauhaus und diffamierten es als „undeutsch“ und „bolschewistisch“. Sie bewirkten, dass die Schule 1933 endgültig geschlossen wurde und verursachten damit den Abbruch einer demokratischen und auf ganzheitliche Erziehung gerichteten Entwicklung. Viele ehemalige Bauhäusler wurden wegen ihrer ästhetischen und politischen Überzeugungen verfolgt, eingesperrt und vernichtet. Galten besonders ihre abstrakten künstlerischen Werke als „entartet“, so wurden ihre Bauten mit flachen Dächern als „undeutsch“ und „Wüstenarchitektur“ diffamiert. Dennoch gab es auch im Dritten Reich eine Bauhaus-Rezeption. Je nach Zweckdienlichkeit erfolgte ein Eingliedern moderner Gestaltungsweisen in das Kulturkonzept der Nationalsozialisten. Vor allem in der Gebrauchsgrafik und im Industriebau blieben Freiräume erhalten. Nicht wenige Bauhäusler konnten so ihren Beruf weiter ausüben. Dieses Kapitel der janusköpfigen Modernisierung spaltete die in Deutschland verbliebenen Bauhäusler in Opfer, Mittäter, Angepasste, „innere Emigranten“, und Widerstandskämpfer.

Bauhaus und USA
Weitgehend losgelöst von allen sozialen und kulturell weit reichenden Visionen verstärkte und verbreitete die Ausstellung Der Internationale Stil 1932 im Museum of Modern Art in New York sowie das gleichnamige Buch von Henry- Russell Hitchcock und Philip Johnson die internationale Rezeption der Moderne als Stil. Ein verhältnismäßig fruchtbares Weiterwirken vor allem der Bauhauspädagogik war mit der Emigration und Auswanderung vieler Lehrer und Schüler des Bauhauses in die USA gegeben, wo jedoch mehr die Personen als die Bauhaus-Idee wohlwollende Aufnahme fanden. Gedanken, Methoden und Prinzipien des Bauhauses wurden in Abhängigkeit von verschiedenen Bedingungen durch individuelle Strategien und Versuchen einer Integration in vorhandene Ausbildungssysteme verbreitet. An der Errichtung eines Bauhausnahen Ausbildungsbetriebs bestand hingegen schon 1938 kein Interesse mehr, da das Bauhaus als veraltet galt und man sich mehr auf seine Lehrmethoden und deren Umsetzung konzentrierte.

Bauhaus und Sowjetunion
Hannes Meyer und eine Gruppe seiner Bauhaus-Schüler versuchten in der Sowjetunion, am Aufbau einer wahrhaft sozialistischen Gesellschaft mitzuwirken. In Moskau und anderen Regionen arbeiteten sie bis Mitte der 1930er Jahre an städtebaulichen und architektonischen Aufgaben. Auch sie wurden schließlich Opfer des immer stärker werdenden stalinistischen Repressionsapparates, der es im zunehmenden Maße vermochte, nicht nur eigene und importierte avantgardistische Konzepte zu Gunsten der Doktrin des sozialistischen Realismus zu unterdrücken, sondern zugleich auch die politische Verfolgung von Immigranten zu betreiben. So geschah es, dass Mitglieder der ehemaligen Brigade Hannes Meyer für Jahre in die Lager Stalins verschleppt oder ermordet wurden. Meyer selbst, ebenfalls politisch in Ungnade gefallen, kehrte schließlich 1936 in die Schweiz zurück.

Bauhaus und BRD
Im Deutschland der Nachkriegszeit erfreute sich das Bauhaus zunächst einer wieder erwachenden breiten Rezeption. Dieser Prozess verlief mit der Spaltung in den beiden 1949 entstandenen deutschen Staaten unterschiedlich. Auf die Entwicklung von Design, Architektur und Gestaltungspädagogik haben in beiden deutschen Staaten Bauhäusler, die an Kunst- und Architekturschulen lehrten oder ihrem jeweiligen Beruf in der Praxis nachgingen, einen wichtigen Einfluss ausgeübt. Wurde in der BRD das Bauhaus zunächst auf seine bedeutendsten Künstler reduziert und eher mythisch verklärt als umfassend betrachtet, so setzte mit der zu Beginn der 1950er Jahre gegründeten Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm ein Prozess differenzierter Betrachtung ein, an dem der ehemalige Bauhausschüler Max Bill einen großen Anteil hatte. Er wurde erster Direktor der bis 1968 bestehenden Ulmer Schule, andere Bauhäusler wirkten in den vier Bereichen Architektur, Produktgestaltung, Visuelle Kommunikation und Information. Wie das Bauhaus ließ sich auch die HfG von einem ganzheitlichen Konzept leiten, das demokratische Zielvorstellungen beinhaltete und sich besonders auf das kulturelle, soziale und ökonomische Bedingungsgefüge von Gestaltung konzentrierte. Noch heute kann dem pädagogischen Konzept der HfG, deren Lehrbetrieb als Ergebnis kontroverser Diskussionen um seine inhaltliche Orientierung und der Streichung finanzieller Zuschüsse eingestellt wurde, vorwiegend in der Ausbildung von Designern Modellcharakter zugewiesen werden.

Bauhaus – eine schöpferische Methode
Das Bauhaus war durch sozialutopische Visionen und zugleich vielfältige Versuche geprägt, einen neuen Typus einer Schule für Gestaltung in die Tat umzusetzen. Eine Reihe von Fragen und Problemen der frühen zwanziger Jahre tauchen in der heutigen Diskussion um notwendige Reformen des Bildungs- und Hochschulsystems wieder auf.
Bauhauspädagogik bedeutete die Möglichkeit zur Ausbildung aller Talente und die Ausprägung der individuellen Persönlichkeit. Neben der Fachausbildung zum Designer oder Architekten wurden ebenso die Grundlagen für bildende und angewandte Künste vermittelt wie für die darstellenden Künste bis hin zur Performance. Dabei kam der Bühnenwerkstatt unter Leitung von Oskar Schlemmer eine besondere Rolle als halbprofessioneller Querschnittswerkstatt zu, ebenso wie den Bauhausfesten als bedeutendstem Trainingsfeld für fachübergreifende Zusammenarbeit. Die Bauhaus-Kapelle entwickelte sich zu einer bekannten deutschen Jazz-Band. Spiel, Sport, Tanz und Abendvorträge ergänzten die Lebens- und Arbeitsgemeinschaft, die in Notzeiten immer auch eine Solidargemeinschaft war. Zahlreiche Ehen unter Bauhäuslern und lebenslange Freundschaften sprechen für das soziale Modell Bauhaus.

Für das Verständnis des Bauhauses und seiner Erfolge empfiehlt sich eine Abkehr von traditionellen Stil-Vorstellungen bzw. das Begreifen von Bauhaus- Stil als eine unbeabsichtigte, nicht intendiert gewesene Folgeerscheinung, die die schöpferischen Methoden des Bauhauses mit Kreativitätstraining, Teamwork und Werkstattarbeit, mit Internationalität und permanentem Diskurs negiert. Nicht etwa vorgefasste Lehrmeinungen oder Stilvorgaben charakterisierten das Bauhaus, sondern ein hohes Maß an Individualität und Pluralismus.
Das Bauhaus war so etwas wie die erste Schule des Erfindens, ein Modell für die Zukunft?
Mehr über das Bauhaus erfahren Sie hier:
Bauhaus-Archiv, Museum für Gestaltung
Stiftung Meisterhäuser Dessau Meisterhaus Kandinsky – Klee
Klassik Stiftung Weimar/Bauhaus-Museum Theaterplatz
Bauhaus-Museum Weimar Am Theaterplatz
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