Die Pop Art Tradition
Art,  Deutsch

Die Pop Art Tradition: Wo Kunst, Werbung und Gesellschaft aufeinanderprallen

Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Die Pop Art Tradition (ISBN: 9781783106448), von Eric Shanes herausgegeben von Parkstone International.

Man könnte dies für eine gute Definition der Pop Art halten, muss jedoch Vorsicht walten lassen. Zum einen stammt diese Liste aus einem privaten Brief, der erst ans Licht der Öffentlichkeit gelangte, nachdem die Pop-/Massenkultur- Kunst in großem Maßstab existierte, weshalb der Brief keinesfalls als Manifest missverstanden werden sollte. Darüber hinaus beschrieb Hamilton die Bedürfnisse der Masse nach so genannter Pop Art und nicht die der Künstler dieser Richtung, die keineswegs mit jenen übereinstimmen mussten. Drittens und vor allem aber sollten die Themen der Pop Art schon rasch die Grenzen von Hamiltons Parametern sprengen.

George Segal, Cinema, 1963, Die Pop Art Tradition
George Segal, Cinema, 1963. Gips, Metall und Leuchtstofflampen, 299,7 x 243,8 x 99 cm. Albright-Knox Art Gallery, Buffalo. New York, Schenkung von Seymour H. Knox, 1964.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Andy Warhols Kunst war ohne jeden Zweifel populär, sie wurde in großen Stückzahlen produziert, sprach die Jugend an, war geistreich, sexy, effekthascherisch, glamourös und am Big Business orientiert, aber Warhol befasste sich auch mit der Heldenverehrung, religiöser Manipulation, der dem modernen Materialismus inhärenten Banalität, der Lebensmüdigkeit, dem Nihilismus und dem Tod – allesamt Themen, die sich in Hamiltons Liste nicht finden. Soll dies etwa bedeuten, dass Warhol nicht zur Pop-/Massenkultur-Kunst gezählt werden soll oder zeigt dies eher, dass Hamiltons Auflistung der Elemente der Pop Art unvollständig und ungenau ist? Zweifellos trifft Letzteres zu. Außerdem sollte sich der Großteil der Kunst als alles andere als vergänglich, schnell vergessen, billig oder industriell gefertigt erweisen.

Hamilton schuf nach seiner Collage aus dem Jahr 1956 Gemälde wie Hommage à Chrysler Corp (Hommage an die Chr ysler Corporation), von 1957, in dem er Autoteile abstrahierte, Hers is a Lush Situation (Sie bef indet sich in einer feud alen Situation), von 1958, in dem Teile eines 1957er Cadillacs mit dem Photo der Glasfassade eines Gebäudes kombiniert werden und schließlich $he ($ie) von 1959/60, in dem er Teile eines weiblichen Körpers, einen Kühlschrank, einen Toilettensitz und einen Toaster zusammenbrachte. Hamilton war jedoch nie daran interessiert, lange Reihen von Werken zu produzieren, die sich mit einem spezifischen Gebiet der Massenkultur auseinander setzen. Dies dürfte einer der Gründe sein, warum er niemals die Wirkung von Künstlern wie Lichtenstein und Warhol erzielte, die dies später taten. Hamilton zog es stattdessen eher vor, wie ein ästhetischer Entdecker nach dem Vorbild des von ihm verehrten Marcel Duchamps zu agieren, dessen beschädigtes Das große Glas er in den frühen 1960er Jahren nachbildete. Aus diesem Grund wird Hamiltons Beitrag als ästhetischer Pionier vor allem in Amerika nicht ausreichend gewürdigt.

Roy Lichtenstein, Look Mickey (Schau mal, Mickey), 1961, Die Pop Art Tradition
Roy Lichtenstein, Look Mickey (Schau mal, Mickey), 1961. Öl auf Leinwand, 122 x 175 cm. The National Gallery of Art, Washington, D.C.

Ein weiterer britischer Maler zapfte ebenfalls von der Mitte der 1950er Jahre an den Mainstream der populären Massenkultur an, allerdings in einer sehr nostalgischen Weise. Es handelte sich um Sir Peter Blake. Blake sollte später sagen: “Ich begann aufgrund meines Interesses an der englischen Volkskunst, ein Pop-Künstler zu werden. …Vor allem mein Interesse an der visuellen Kunst des Festplatzes und auch der Bemalung von Barkassen…

Nun möchte ich etwas aus dieser alten beliebten Kunst wieder einfangen und zum Leben erwecken.” Ein weiterer Stimulus kam von seinem alten Kunstlehrer, der nicht nur an der Bemalung von Barkassen, sondern auch an Tätowierungen, Patchworkdecken und gemalten oder handgeschriebenen Schildern sehr interessiert gewesen war. Normalerweise hatte man all dies nicht der Kunst zugerechnet, weil der Großteil dieser Arbeiten naiver Natur war und ohne Anleitung entstand (worin aber gerade die visuelle Kraft und kommunikative Unmittelbarkeit begründet ist). Schon früh in seinem Leben entwickelte Blake ein ungewöhnliches Interesse am Sammeln von Postkarten, Kuriositäten, Schnickschnack, alten Fahrscheinen, Flugblättern, Blechreklamen, “primitiven” Bildern, Kunst von Kindern und Comics, die allesamt Eingang in seine Bildwelt fanden. Die letztgenannten Attraktionen sind besonders deutlich in seinem Bild Children reading Comics (Comics lesende Kinder) von 1954 zu sehen. Vor dem Hintergrund dieser Einflüsse und der Arbeiten amerikanischer Maler und Illustratoren wie Ben Shahn, Saul Steinberg, Bernard Perlin und Honoré Sharrer (dessen Bilder er 1956 in London in der Tate Gallery sah) schuf Blake auch Bilder von Zirkusleuten, Ringern etc.

Duane Hanson, Supermarket Shopper (Supermarkt Einkäufer), 1970, Die Pop Art Tradition
Duane Hanson, Supermarket Shopper (Supermarkt Einkäufer), 1970. mit Öl bunt gefärbtes Fiberglas mit Kleidung, Accessoires, Supermarktpackungen und Einkaufswagen, 166 cm hoch (Lebensgröße). Ludwig International Forum für Kunst, Aachen.

Diese Phase seines Werks erreichte 1957 mit dem Bild On the Balcony (Auf dem Balkon) ihren Höhepunkt, auf dem zwei simulierte Photos von Mitgliedern der Königlichen Familie auf dem Balkon des Buckingham Palace von fünf Kindern, anderen Bildern (darunter eines von Manet) von Menschen auf Balkonen und einer Menge kleiner Bilder aus der Kunst und dem Alltagsleben (aus dem Massenmedium Life) umgeben sind. Im Jahr 1959, als Blake sein Bild Couples (Paare) schuf, konnte sein Interesse an populären, kurzlebigen Druckerzeugnissen schon das Thema von Kunst sein, indem die Aufmerksamkeit des Betrachters auf ihre kulturelle Allgegenwart und die schmale Grenzlinie zwischen Gefühl und Sentimentalität gelenkt wurde.

In den späten 1950er Jahren waren Paolozzi, Hamilton und Blake in den USA noch unbekannt, weshalb sie keinen Beitrag zum Aufkommen der Pop-/Massenkultur-Kunst leisten konnten. Was war also für die kreative Dynamik auf der Westseite des Atlantiks verantwortlich?

Andy Warhol, Skulls (Schädel), 1976, Die Pop Art Tradition
Andy Warhol, Skulls (Schädel), 1976. Siebdruck und Acryl auf Leinwand, jeweils 38,1 x 48,3 cm. The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc., New York.

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