
Die Rokoko-Kunst
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Rokoko (ASIN: B00KHLP5CA), von Victoria Charles und Klaus H. Carl herausgegeben von Parkstone International.
Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts beginnt in einem unmerklichen Übergang vom Barock das auch Spätbarock genannte Rokoko. Der mit der Reformation und der Renaissance begonnene und nicht mehr aufzuhaltende Siegeszug der Aufklärung setzt am Ende des 17. Jahrhunderts von England aus seinen Weg unbeirrt fort, strebt allmählich seinem Höhepunkt entgegen und bestimmt während des gesamten 18. Jahrhunderts in ganz Europa das geistige und kulturelle Leben. Damit setzte die bisher weitgehend dem Adel und den Höfen überlassene Diskussion über Kunstwerke auch im gebildeten und wohlhabenden Bürgertum ein.
Wenn bis dahin die Aufträge für Bauwerke oder Gemälde überwiegend von der Kirche und in geringerem Umfang vom Adel erteilt und die Künstler eher als in Zünften organisierte Handwerker angesehen wurden, werden sie jetzt zu Individuen mit einem eigenständigen Beruf. Damit entfällt für die Maler auch die Verpflichtung, nach immer wieder gleichen, vorgegebenen Themen und Aufgabenstellungen Werke mit mythologischer Basis oder Portraits zu schaffen.

Im Hinblick auf die Werke der Baukunst und der Bildhauerei sind zur Erleichterung für die historische Betrachtung der Kunst der Jahre von 1600 bis 1720 die Begriffe des Barock- und ungefähr ab 1720 bis etwa 1780 des Rokokostils eingeführt worden, dessen Bezeichnung Rokoko vielleicht von dem vermutlich in französischen Emigrantenkreisen aufgekommenen Wort „rocaille“ (Muschel) abstammt. Dem folgte dann in einer Übergangszeit ab etwa dem Ende des 18. Jahrhunderts als eine Art Gegenbewegung zum Einfachen hin der Stil des Klassizismus.
Allerdings ist diese Einteilung nicht ganz korrekt, denn im gesamten 17. Jahrhundert hat es vor allem in der Architektur bereits eine Hinwendung zum Klassizismus gegeben. Die Unterscheidungen sind daher, ähnlich wie die Anwendung des Begriffs Renaissance auf die nordeuropäische Malerei des 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, nicht immer stichhaltig und deswegen nicht allgemein gültig. So gab es in Italien keinen Barockstil und in den Niederlanden keinen Rokokostil.

Gerade in den Niederlanden stand die Malerei im absoluten Widerspruch zu dem, was die Erfinder des Namens Barockstil darunter verstanden. Sie betrachteten die seit dem Ende des 16. Jahrhunderts in Italien und in deren Nachahmung auch in einzelnen Ländern nördlich der Alpen entstandenen Werke der Baukunst und der Bildhauerei als eine von der Hochrenaissance losgelöste Gruppe. Darin fanden sie Merkmale, aus denen ein Abfall von den Regeln der klassischen Zeit sowie eine sinnlose und willkürliche Übertreibung der Formenfülle abgeleitet werden konnte.
Die zur Charakteristik dieser Kunst erfundene Bezeichnung Barock enthielt zugleich eine abfällige Kritik der künstlerischen Bestrebungen des ganzen 17. Jahrhunderts, und lange Zeit war dieser Begriff in der Kunst auch der Inbegriff alles Verächtlichen und Verwerflichen. Was der Kunst jener Tage fehlte, war die Verwurzelung in der breiten Bevölkerung. Sie blieb somit nur eine höfische, nur dem Adel und nur den Vornehmen der Gesellschaft zugängliche Kunst. Es lag also in der Logik der Zeit, dass diese Kunst am Ende des 18. Jahrhunderts zusammenbrach und von den revolutionären Stürmen hinweg gefegt wurde.
Erst viel später, etwa mit dem Ende des 19. Jahrhunderts, ist die Begriffsverwirrung des 17. Jahrhunderts durch eine gemäßigte Beurteilung der geschichtlichen Entwicklung und durch eine bessere Übersicht über die politisch-sozialen Verhältnisse korrigiert worden. Übertreibungen bis hin zu Geschmacklosigkeiten hat es schon vorher und zu allen Zeiten und somit auch im 17. Jahrhundert gegeben, aber eben nicht mehr als in früheren Perioden der Weltgeschichte. Im Allgemeinen hat die so genannte Barockkunst in allen Bereichen nur den Geist der Zeit widergespiegelt.

Die Zeit des Barock deckt sich im Großen und Ganzen mit der Regierungszeit Ludwigs XIV. Danach, in der Regentschaft (Régènce) und der ersten Hälfte der Regierungszeit Ludwigs XV. (1710 bis 1774), verändern sich die bis dahin festen, kräftigen Formen in leichte, verspielte und zierlich gewundene Linien, das Verschnörkelte und Muschelartige herrscht vor. Die Asymmetrie wird zum Gesetz erhoben. Bei der Innendekoration werden alle tiefen Schatten und kräftigen Töne vermieden, neben viel Goldton werden lichte Farben eingesetzt.
Erst die Rückkehr zum Geradlinigen, die zugleich mit einer stärkeren Anlehnung an antikisierende Formen und an die Natur verbunden ist, führt die Kunst in dem ernüchterten Zeitalter seit den Tagen der Marquise de Pompadour (1721 bis 1764), die zunächst und von Geburt her nur ein beliebiges, in der dritten Person angeredetes Fräulein namens Poisson (Fisch) war, und der Regierungszeit Ludwigs XVI. (1754 bis 1793; Louis Seize) zum auch „Zopfstil“ genannten Frühklassizismus.

Es hat sich durchaus eingebürgert, diese Kunstausdrücke auf das rein Dekorative zu begrenzen. Die charakteristischen Merkmale des Ornaments finden sich in der Architektur nicht wieder. Obwohl die Malerei und die dekorative Kunst in ihren Wurzeln kulturgeschichtlich zusammen hängen, haben beide, vom künstlerischen Standpunkt aus betrachtet, doch einen ganz anderen Ursprung. Insbesondere die Architektur entwickelt sich in den einzelnen Ländern durchaus unterschiedlich, so dass sich hier die Bezeichnung Rokoko weder räumlich noch zeitlich oder stilistisch mit dem Kunstleben der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts deckt…
Eines der berühmten Kunstwerke des Rokoko:



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