Boris Yakovlev, Der Transport nimmt seinen gewöhnlichen Plan wieder auf, 1923
Art,  Deutsch

Die Kultur und Kunst der alten Stämme Sibiriens

– Credit des Einführungsvideos: Panning Shot of Steppe Grasslands-Video von Дима Черноусов von Pexels.
– Abschließender Videokredit: Serial Shot of a Frozen Lake-Videos von Алексей Валеев von Pexels.

Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Die Kunst Sibiriens (ISBN: 9781780428192), von Valentina Gorbatcheva und Marina Federova herausgegeben von Parkstone International.

Nanai, Nenzen, Tschuktschen, Ewenken, Jakuten, Korjaken, Tuwiner und Jukagiren… Als Wiege zahlreicher Kulturen ist Sibirien überaus reich an Traditionen, die so mannigfaltig sind wie dieses riesige, geheimnisvolle Land selbst. Die einheimischen Völker Sibiriens, die Bewohner der Regionen im hohen Norden und im östlichsten Teil Russlands sind seit Alters her Pferdezüchter, Rentierhirtennomaden, Fänger von Meeressäugetieren sowie Fischer und Jäger, also „Wildbeuter“. Sie haben sich über Jahrtausende die Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet, die notwendig sind, um in diesen immensen und kaum besiedelten Ödlandschaften Nordasiens unter extremen klimatischen Bedingungen zu überleben. Durch ihre unmittelbare Nähe zur Natur haben diese indigenen Völker gelernt, sich den widrigen Lebensbedingungen der unwirtlichen arktischen und subarktischen Regionen anzupassen und alles, was ihnen die eisige Umgebung zur Verfügung stellt, zu verwerten – nicht nur für ihre Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Behausung, sondern auch für ihre Kunst und ihr Handwerk.

Porträt von Yermak, frühes 18. Jahrhundert, Die Kunst Sibiriens
Unbekannter Künstler, Porträt von Yermak, frühes 18. Jahrhundert. Ölgemälde, 70 x 57 cm. V. P. Sukachev Kunstmuseum, Irkutsk.

Die künstlerische Kreativität der sibirischen Stämme zeigt sich in ihren plastischen Schnitzereien aus den Stoßzähnen von Walen und Walrossen, den bunten Glasperlen, mit denen die Frauen ihre Röcke verzieren, dem fein geschnitzten Kinderspielzeug (meist kleine Imitationen von Objekten des Alltags) und in den kultischen Masken der Schamanen, aber auch in den Bildern der jungen Generation. In einer Umgebung, in der ein ständiger Überlebenskampf herrscht, vernehmen wir den künstlerischen Aufschrei der vom Aussterben bedrohten Urbevölkerung, den Schrei gegen das Vergessen ihrer traditionellen Kultur, Mythologie und Religion.

Die Kolonisierung durch mächtigere Kulturen führte in den verschiedensten Regionen der Welt zum Verschwinden der einheimischen Stämme, ihrer Sprachen und Kulturen. So auch in Sibirien. Die bereits unter den Zaren, aber noch viel mehr im 20. Jahrhundert einsetzende russische Expansion und die groß angelegte industrielle Revolution hatten nicht nur auf die kulturellen und gesellschaftlichen Traditionen der Urbevölkerung eine verheerende Wirkung, sondern auch auf ihre natürliche Umgebung, die Basis ihres Unterhalts und ihrer typischen Lebensformen.

Korjaken, Pastor and Rentier-Hirte, spätes 19. - frühes 20. Jahrhundert, Die Kunst Sibiriens
Korjaken, Pastor and Rentier-Hirte, spätes 19. – frühes 20. Jahrhundert. Kamtschatka Halbinsel.

Im gleichen Maß, wie die Fisch- und Rentierbestände immer mehr schrumpfen oder schon ganz vom Aussterben bedroht sind und die eingeborene Bevölkerung gezwungen ist, sich völlig neuen Lebensbedingungen anzupassen, schwindet auch die Möglichkeit, diese ehemals traditionsverhafteten, eigenständigen und stark unterschiedlichen Gemeinschaften zu beobachten, zu studieren und zu verstehen. Viele von ihnen sind heute auf wenige Stammesmitglieder geschrumpft, die zusehen müssen, wie ihre durch Jahrtausende überlieferte Kultur zusammen mit ihren Weide- und Jagdgründen für immer verschwindet.

Im ersten Teil folgt zunächst eine Darstellung der Wechselbeziehungen zwischen den extremen klimatischen Bedingungen Sibiriens, seiner unterschiedlichen Fauna und Flora und den einheimischen Bevölkerungsgruppen. Unter anderem wird über die Herkunft dieser Völker und die historischen, einen so dramatischen Eingriff in ihre Lebensgewohnheiten bedeutenden Begebenheiten berichtet.

Mit der Beschreibung der schamanischen Prinzipien, der Rituale und der bedeutenden Rolle, die der Schamane im täglichen Leben der sibirischen Stämme spielt, wird ein Einblick in die spirituellen und in die künstlerischen Eigenheiten dieser Kulturen vermittelt. Das Anliegen dieses Buches ist es, dem heutigen Leser einen Zugang zur traditionellen, schamanischen Welt und zu den uns fremden Lebensformen der Bewohner des Hohen Nordens und des Fernen Ostens Russlands zu ermöglichen.

Klavdiy Vasilievich Lebedev, Die Eroberung der Neuen Gebiete in Russland, 1904, Die Kunst Sibiriens
Klavdiy Vasilievich Lebedev, Die Eroberung der Neuen Gebiete in Russland, 1904. Wasserfarben auf Papier, 42 x 27 cm. Kunstmuseum von Vologda, Russia.

„Ein Land extremer Kälte und großer Hitze. Ein nach außen hin elend wirkendes Land, in dessen Brust sich jedoch unendliche Schätze verstecken.“

Fast dreihundert Jahre lang galt Sibirien als nichts weiter als ein topografisches Anhängsel Russlands. Es erstreckt sich vom eisigen Arktischen Ozean im Norden bis zur Grenze Kasachstans, der Mongolei und Chinas im Süden, von der mächtigen Gebirgskette des Ural im Westen bis zum Pazifik im Osten. Es liegt ungefähr zwischen dem 45. und dem 77. nördlichen Breitengrad und zwischen dem 60. und 190. Längengrad. Sein nördlichster Punkt ist Kap Severo, das Nordost-Kap, eine Landzunge zwischen den Mündungsgebieten der Flüsse Jenissei und Lena; Kap Vostochni, der östlichste Punkt, ist nur 76 km von Cape Prince of Wales in Alaska entfernt, von dem es durch die nur 85 km breite Beringstraße getrennt ist. Sibiriens größte Ost-West-Ausdehnung beträgt rund 5 715 km, die größte Nord-Süd-Ausdehnung etwas weniger als 3 175 km. Sibirien bedeckt eine Fläche von 13 Millionen km2 (im Vergleich zu Europas 10 Millionen km2).

Nanai, Schamanin Linza Beldi, 1992, Die Kunst Sibiriens
Nanai, Schamanin Linza Beldi, 1992.

Die meisten Europäer stellen sich Sibirien als eine riesige, monotone Einöde vor, abgeschieden vom Rest der Welt und für Menschen unbewohnbar, größtenteils von einer Frostschicht bedeckt und mehr als das halbe Jahr über von der legendären Polarnacht verdunkelt. Dies trifft jedoch nur bedingt zu, denn in Wahrheit ist Sibirien ein Land voller Vielfalt und Gegensätze. Von Norden nach Süden unterteilt es sich in verschiedene Zonen, jede mit eigenem Klima, eigener Landschaft und Tier- und Pflanzenwelt. Die arktische Eiswüste des Hohen Nordens verwandelt sich zunächst in die mit Dauerfrostboden geprägten Kältesteppen (die baumlose Tundra), dann gelangt man allmählich in etwas wärmere Zonen mit niedrigem Gestrüpp und kleinwüchsigen Bäumen und anschließend kommt man in den Gürtel der immergrünen borealen Nadelwälder, die Taiga. Auf diese wiederum folgen erst die fruchtbaren Waldsteppen, dann die Trockensteppen oder Halbwüsten. Jede dieser Ökozonen besitzt ihre eigene Topografie, von ebenen Niederungen und Senken bis zu hoch aufstrebenden Gebirgen.

Den größten Teil dieser Landmasse nimmt die zentralsibirische Hochebene ein, die auf drei Seiten – im Norden, Osten und Süden – durch einen Dreiviertelkreis von Bergketten begrenzt ist. Im Norden und Osten ist dies das Werchojansker Gebirge, dessen höchste Erhebung 2 398 m erreicht. Die südliche Grenze Sibiriens wird durch das Sajan- (2 930 m) und das Altaigebirge gebildet, dessen höchster Gipfel, der Belucha, 4 506 m über dem Meeresspiegel liegt. In diesen Bergketten entspringen die drei großen sibirischen Ströme, der Ob, der Jenissei (dessen Name sich aus dem Ewenkischen ionessi = großer Fluss herleitet) und die Lena. Diese wasserreichen Flüsse sind einen Großteil des Jahres – von Oktober/November bis etwa Mai/Juni – zugefroren. Während der restlichen Monate fließen sie über eine Strecke von rund 4 000 km ins Nordpolarmeer.

Lena unter Eis und Schnee
Lena unter Eis und Schnee.

Die Halbinsel Kamtschatka, ein wichtiges Zentrum traditionellen sibirischen Lebens, ist eine Landzunge östlich des Ochotskischen Meeres (einem Randmeer des Pazifischen Ozeans) zwischen dem 51. und dem 62. nördlichen Breitengrad, deren längste Ausdehnung rund 1100 km erreicht. Sie verdankt ihre Entstehung fast gänzlich einer vulkanischen Aktivität, und so enthält denn die zerklüftete Bergkette, die sie der Länge nach teilt, auch fünf oder sechs noch heute aktive Vulkane. Dieser riesige Gebirgszug erstreckt sich praktisch ohne Unterbrechung vom 51. bis zum 60. Breitengrad, bis er schließlich abrupt in das Ochotskische Meer abfällt, wobei im Norden eine hoch gelegene Steppe, die so genannte Dole (Wüste) liegt. Sie ist die Heimat des nomadisierenden Rentierhirtenvolkes der Korjaken.

Die mittleren und südlichen Teile der Halbinsel werden durch die Sporen und Ausläufer der großen Gebirgskette in tiefe Täler aufgegliedert, deren wilder und malerischer Charakter eine landschaftliche Schönheit aufweist, die man ansonsten im nördlichen Asien wohl nirgendwo findet. Das Klima ist hier, abgesehen vom äußersten nördlichen Teil, relativ freundlich und gemäßigt, die Vegetation überrascht durch eine fast tropische Frische und Üppigkeit…

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