Pierre Bonnard, Das Krocketspiel, 1892
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Bonnard und die Nabis – Das Gemälde eines rebellischen postimpressionistischen Künstlers

Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Bonnard und die Nabis (ASIN: B016XN12CC), von Albert Kostenevitch herausgegeben von Parkstone International.

Im Oktober 1947 veranstaltete das Musée de l’Orangerie in Paris eine postume Ausstellung der Werke von Pierre Bonnard. Gegen Ende desselben Jahres erschien in der einflussreichen Zeitschrift „Cahiers d’Art“ auf der ersten Seite eine Besprechung, verfasst vom Herausgeber, Christian Zervos. Die provokative Überschrift lautete: „Ist Pierre Bonnard ein großer Maler?“. Im ersten Abschnitt verleiht Zervos seinem Erstaunen über den großen Umfang der Exposition Ausdruck, kannte man doch bisher Bonnard nur aufgrund von seltenen und eher bescheidenen Ausstellungen. Er sei, so sagt Zervos, von der Ausstellung enttäuscht, die Werke seien es nicht wert, dass ihnen eine umfassende Ausstellung gewidmet würde. „… Vergessen wir nicht, dass Bonnards Anfänge vom wunderbaren Licht des Impressionismus erhellt sind. In mancher Hinsicht war er der letzte Träger jener Ästhetik. Doch war er ein schwacher Träger, ohne großes Talent. Das überrascht kaum. Willensschwach und wenig originell, vermochte er nicht, dem Impressionismus einen neuen Aufschwung zu verleihen, seine Elemente durch eine handwerkliche Basis zu untermauern oder ihnen zum mindesten eine neue Wendung zu geben. Obwohl er überzeugt davon war, dass man sich in der Kunst nicht nur von Gefühlen leiten lassen darf wie die Impressionisten, war er nicht imstande, seine Malerei mit geistigen Werten zu beseelen. Er wusste sehr wohl, dass das Ziel der Kunst nicht mehr die Nachbildung der Wirklichkeit war, fand aber nicht die schöpferische Kraft wie einige andere Künstler seiner Zeit, die das Glück hatten, sofort gegen den Impressionismus zu rebellieren. In Bonnards Werken wird der Impressionismus fade und zerfällt.“

Bonnard um 1890, Bonnard und die Nabis, Albert Kostenevitch
Bonnard um 1890. Fotografiert von Alfred Natanson.

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Zervos’ Urteil auf persönlicher Animosität gründete. Er war ganz einfach das Sprachrohr der Avantgarde, welche die Entwicklung der modernen Kunst als eine Abfolge radikaler Bewegungen sah, von denen jede neue die vorherige ersetzte und und ihre eigene Welt schuf, die sich jeweils ein Stück mehr von der Realität entfernte als die vorangehende. Diese Sichtweise der Geschichte der Malerei als eine Chronik avantgardistischer Strömungen ließ Bonnard keinen Platz, um so weniger, als er selbst sich niemals in den Vordergrund drängte und sich überhaupt von allen Kontroversen fernhielt. Außerdem lebte er größtenteils nicht in Paris und stellte nur ganz selten aus. Mit Sicherheit hätten sich nicht alle Avantgardisten Zervos’ Meinung angeschlossen. Picasso zum Beispiel schätzte Bonnard als Maler sehr, ganz im Unterschied also zu Zervos, der übrigens ein großer Verehrer von Picasso war und einen vollständigen Katalog seiner Gemälde und Zeichnungen herausgegeben hatte. Als Matisse den Artikel in den „Cahiers d’Art“ zu Gesicht bekam, packte ihn der Zorn. In großen Zügen schrieb er auf den Blattrand: „Ja! Ich bezeuge, dass Pierre Bonnard ein großer Künstler unserer Zeit und fraglos der Zukunft ist. Henri Matisse. Jan. 48.“

Matisse sollte Recht behalten. Bereits um die Mitte des 20. Jahrhunderts zog Bonnards Malerei junge Künstler wesentlich mehr an als etwa in den 20er oder 30er Jahren. Fama spielte ein seltsames Spiel mit ihm. Gleich von Anfang fand er in gewissen Kreisen Anerkennung. Er musste nicht Armut und Ablehnung erfahren wie so viele der führenden Avantgardisten, die entweder erst spät in ihrem Leben oder gar erst nach ihrem Tod Ruhm erlangten. Die populäre Vorstellung vom verkannten Künstler, einem armen Hungerleider aus der Boheme, der auf Unverständnis stößt, weil er mit den alten Normen bricht, passt ganz und gar nicht auf Bonnard. Er fand immer wieder Abnehmer für seine Gemälde. Schon früh hatte er unter Künstlern und Sammlern manchen Kenner für sich gewonnen, der ihn zu schätzen wusste. Allerdings war ihre Zahl beschränkt; die generelle Anerkennung, die er durchaus verdient hätte, ließ lange auf sich warten.

Pierre Bonnard, Andrée Bonnard mit ihren Hunden, 1890, Bonnard und die Nabis, Albert Kostenevitch
Pierre Bonnard, Andrée Bonnard mit ihren Hunden, 1890. Öl auf Leinwand, 180 x 80 cm, Privatsammlung.

Wie kommt es, dass es Bonnard im Laufe seines langen Lebens nicht gelang, das breite Publikum für sich einzunehmen? Gründe dafür sind in seinem Charakter und seiner Lebensführung zu suchen. Er zeigte sich kaum an der Öffentlichkeit und ging Ausstellungen aus dem Weg. Als die Veranstalter des Salon d’Automne 1946 mit dem Wunsch an ihn herantraten, eine große retrospektive Ausstellung seiner Werke zu veranstalten, reagierte er befremdet. „Eine Retrospektive? Bin ich denn schon tot?“ Ein weiterer Grund lag im Wesen seiner Kunst, der jede Effekthascherei abging. Die Feinheiten und die Nuancen seiner Werke bleiben dem Zuschauer, dessen Sensibilität nicht darauf eingestimmt ist, verschlossen. Hinzu kommt ein weiterer Grund, weshalb Bonnard vom Publikum eher abweisend aufgenommen wurde. Sein Leben hatte nichts Außergewöhnliches, es gab darin nichts Spektakuläres und schon gar nichts Skandalöses, nichts also, was das allgemeine Interesse erregt hätte. In dieser Hinsicht konnte Bonnard nicht konkurrieren mit van Gogh, Gauguin oder Toulouse-Lautrec. Da war kein Stoff für Legenden. Und gerade Legenden sind es, die das Publikum braucht, das so gerne Idole aus Persönlichkeiten macht, gegen die es noch gestern gleichgültig oder gar feindselig gestimmt war. Aber die Zeit tut ihre heilende Wirkung. Die Einstellung zu Bonnard hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr stark geändert. Die großen Einzelausstellungen, die 1984-1985 in Paris, Washington, Zürich und Frankfurt am Main stattfanden, waren von Erfolg gekrönt und machten als wichtige kulturelle Ereignisse von sich reden.

Pierre Bonnard, France-Champagne, 1891, Bonnard und die Nabis, Albert Kostenevitch
Pierre Bonnard, France-Champagne, 1891. Farblithographie, 78 x 50 cm, Musée de Reims.

Wie verlief Bonnards Leben? Seine frühe Kindheit verbrachte er in Fontenay-aux-Roses bei Paris. Sein Vater war ein hoher Beamter im Kriegsministerium, und die Familie hoffte, dass Pierre in seine Fußstapfen treten würde. Aber der anfängliche Impuls, der von dem bürgerlichen Milieu ausging und den jungen Bonnard zunächst veranlasste, sich an der juristischen Fakultät einzuschreiben, hielt nicht lange an. Er war weniger im Hörsaal der Rechtswissenschaften anzutreffen als an der Académie Julian und später an der Ecole des Beaux-Arts. Der innigste Wunsch jedes Schülers der Ecole war es, den Prix de Rome zu gewinnen. Als Bonnard nach knapp einem Jahr diesen Preis nicht gewann, kehrte er der Schule den Rücken. Sein Bild, Triumph des Mordechai, das er zu einem der vorgegebenen Themen eingereicht hatte, wurde mit der Begründung abgelehnt, es mangle ihm an Ernsthaftigkeit…

Entdecken Sie hier Pierre Bonnards Werke:

Fondation Beyeler

Musée des Beaux-Arts de Berne

Städel Museum

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