
Bruderschaft der Inspiration: Der Enträtselung die Präraffaeliten Ästhetik
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Die Präraffaeliten (ISBN: 9781783103447), von Robert de la Sizeranne, herausgegeben von Parkstone International.
Der Term „Präraffaelismus“ wirft mehr Fragen auf als dass er Antworten gibt, und nach dem Sieg sollte es mehr Diskussionen geben, in denen es um seine eigentliche Bedeutung ging, als vorher während des Kampfes um seine Behauptung.
Man hat die verschiedensten und die widersprüchlichsten Dinge hineingelegt und eine Verachtung für Raffael darin gesehen, obgleich Hunt, der nicht nur einer der Präraffaeliten, sondern der Präraffaelit schlechthin war, in seinen Memoiren darauf hinweist, dass er in seiner Jugend die Werke Raffaels in der National Gallery bewundert hatte.

Man hat auch eine Voreingenommenheit für den harten und mageren Stil der Primitiven darin gesehen, dabei hätte ein einziger Blick genügt, um zu sehen, dass bei Rossettis Bildern die vollen Brüste, die sinnlichen Lippen und die runden Schultern den ganzen Glanz und die ganze Fülle der Kunst der Renaissance heraufbeschwören. Auch einen unnachgiebigen Realismus glaubte man darin zu sehen, uncompromising truth, ohne jegliche Vermischung mit einem Element aus der Fantasie, aber eben dieses Element aus der Fantasie springt ins Auge, wenn man die Werke der Schule betrachtet: Das Licht der Welt von Hunt oder Dantes Traum von Rossetti.
Man hat einen transzendentalen Idealismus darin gesehen, eine gotische und religiöse Seitenlinie, die Oxford-Bewegung genannt wurde, und gelegentlich wurden die Rossettisten zu sicherlich unbewussten, aber treuen und eifrigen Anhängern der Dichter John Keble, John Henry Newman und Edward Boverie Pusey gestempelt. Das kann sein, aber das definiert die präraffaelitische Kunst auch nicht näher, denn wenn man zur Erklärung eines präraffaelitischen Bildes sagt, dass es von der Oxford-Bewegung inspiriert ist, dann ist das genau so, als ob man den Mechanismus eines Schlosses mit der Beschreibung der politischen Meinung des Schlossers erklären wollte.
Was die Rossettisten mit dem „Puseyism“ (wie die theologische Oxford-Bewegung auch hieß) verband, hätte sehr viel stärker und hundert Mal offensichtlicher sein können, ohne dass Hunt deshalb auf weiße Leinwände gemalt hätte oder dass Millais bei der Bearbeitung seiner Leinwände den Teer weggelassen hätte.

Es musste etwas gefunden werden, was präziser war oder besser der Materie entsprach. Also hat man den Präraffaelismus auf eine oder zwei Vorgehensweisen des Vorstudiums reduziert, nämlich auf die von Ruskin geforderte akribisch genaue Suche nach dem unendlich kleinen Detail und auf den Ersatz der Puppe durch das lebende Modell, mit der dazugehörigen Freiheit, das Modell auszusuchen, das man dafür am geeignetsten hielt, um damit ein Bild von einer Jungfrau, von einem Jesus oder von einem Helden zu geben. Dazu gehörte aber auch die Verpflichtung, sich an das einmal gewählte Modell zu halten und es mit gewissenhafter Genauigkeit abzumalen, ohne die Züge irgendeiner anderen Figur mit hinein zu bringen oder es durch irgendeine Erinnerung zu idealisieren.
Diese Definition liefert jedoch nicht die geringste Erklärung für die Zugehörigkeit von Madox Brown oder Rossetti zu den Präraffaeliten. Denn Madox Brown war nie damit einverstanden gewesen, dass der Künstler auf die Vermengung mehrerer Modelle verzichtet, und Rossetti hat außer bei zwei oder drei Gelegenheiten sein Leben lang seine Figuren nach einer Puppe oder nach überhaupt nichts geschaffen, out of his own consciousness. Wenn man aber die Präraffaeliten zu den Ernest Meissoniers Englands machen will, zu den Insektenkundlern der Malerei, dann trifft das für die ersten Werke von Millais und von Hunt einigermaßen zu, lässt aber die von Rossetti völlig beiseite. Wenn man sich in der Tate Gallery die Beata Beatrix inmitten der Bilder der Akademiker von 1830 anschaut, also den Gegnern der Präraffaeliten, dann erstaunt vor allem das Fehlen von Details in dem Werk der Präraffaeliten, während sie in den Werken der Akademiker in Überfülle vorhanden sind.

Bestimmte Kritiker hatten es schließlich satt, sich Definitionen auszudenken, die jedes Mal an dem zu definierenden Gegenstand vorbeigingen. Sie machten es wie die Wahrsager in den Dörfern, die, wenn sie bei ihren Erklärungen den Faden verloren, aufs Lateinische verfielen:
„Ja“, schrie einer von ihnen, „die präraffaelitische Bewegung war wesentlich mehr als nur eine einfache Revolution im Bereich des Idealen oder der Arbeitsweise der Malerei. Sie war eine der Wellen der großen Gegenbewegung, der Protestbewegung und der Rebellion, die in unserem Jahrhundert von Anfang gegen jede künstliche Autorität entstanden sind, und die, gleich in welchem Bereich des Lebens, gegen alle Traditionen und alle Konventionen angingen. Was das Soziale angeht, so ist sie zusammen mit der Französischen Revolution ausgebrochen; sie hat ihren Ausdruck in der poetischen Bewegung gefunden, die ihr in Coleridge, Shelley und Keats gefolgt ist.

Sie ist von der Ethik zur Politik übergegangen, hat alles behandelt, was mit der Moral und mit der Wissenschaft zu tun hat, und hat, von der Psychologie bis zur Fiktion und vom Drama bis zur Lyrik, auf die Literatur in ganz Europa reagiert. Frédéric Chopin und Robert Schumann haben sie der Musik eingehaucht, Charles Darwin hat die Welt der Wissenschaft reformiert und mit der Evolutionstheorie die Fundamente der neuen Kosmologie gelegt…”
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