
Die islamische Kunst ist weder die Kunst einer Nation noch eines Volkes, sondern die Kunst des Islam
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Die Kunst des Islams (ASIN: B016XN13TE), von Gaston Migeon und Henri Saladin herausgegeben von Parkstone International.
Im Laufe von weniger als hundert Jahren erschütterte die arabische Eroberung, die in einem gewaltigen Vorstoß den gesamten Orient, Nordafrika und Spanien einnahm, das soziale Gefüge aller unterworfenen Völker und führte gleichzeitig eine neue Religion und Organisation, neue Werte und Gewohnheiten ein. Bei der Verbreitung einer alleinigen Ordnung half die Kraft eines einheitlichen Glaubens. In den noch immer von den Eroberungsfeldzügen der Barbaren ausgelaugten ehemaligen römischen Provinzen, in diesen zerrütteten und durch die Konflikte christlicher Sekten zerrissenen Ländern entstand eine neue, die muslimische Welt, die bereits jahrhundertelang viel zivilisierter war als die meisten europäischen Länder.
Mohammed hatte seinen Anhängern die weltweite Besitzergreifung aller Königreiche versprochen. Der Genuss weltlichen Besitzes wurde als Geschenk und Belohnung betrachtet, nicht als verachtenswertes, dem religiösen Menschen nicht zustehendes Glück. Die muslimischen Herrscher wollten sich auch mit Luxus umgeben und ihre Städte und Paläste reich schmücken. Der Prunk der Kalifen wurde sprichwörtlich, und in ihrem Reich sah man aller Orten großartige Monumente entstehen, deren prächtige und luxuriöse Ausstattung im Orient bis heute legendär sind. Doch diese Kunst war in ihrem Kern nicht eigenständig, nur die neue, ihr von neuen Meistern aus Asien und Afrika angetragene Ausdrucksweise war es.

Die muslimische Zivilisation, an der zahlreiche unterschiedliche Völker beteiligt waren, ist nicht durch und durch arabisch geprägt. Aufgrund der Vorbilder, die sie inspirierten, und der Milieus, in denen sie sich entwickelte ist sie auch griechisch, persisch, syrisch, spanisch, ägyptisch und hinduistisch. Betrachtet man jedoch das große Ganze, ist doch der Einfluss der Araber unbestreitbar am größten, auch wenn dessen Form bis heute nicht exakt definiert worden ist. Die Araber verstanden es, zahlreiche verschiedene Elemente in ein homogenes Gemisch zu verschmelzen und daraus eine von ihrem Geist durchdrungene Kultur entstehen zu lassen. Als gemeinsame Inspirationsgrundlage für die ersten Werke der muslimischen Kunst darf jedoch eine Quelle nicht übersehen werden: die Kunst des „Glücklichen Arabiens“, des Arabia felix, des Jemen. Die erste Auswirkung der islamischen Expansion war daher eine Fusion der Kunst des Orients mit der Kunst des Okzidents.
In dieser vielseitigen und weitläufigen islamischen Welt, der die Araber durch Pilgerreisen nach Mekka ihre nomadische Lebensweise auferlegten, lief eine kontinuierliche Vermischung, Transmission und Vereinheitlichung ab, durch die die Kunst ohne Unterlass eine Erneuerung erfuhr. Die für jeden guten Muslim verbindlichen Pilgerreisen brachten in Friedenszeiten Menschen aus den verschiedensten Ländern zusammen. Angehörige desselben Gewerbes blieben aufgrund einer natürlichen Verbundenheit eher unter sich und inspirierten sich so gegenseitig. Für Handwerker aus den Randgebieten war die Reise nach Mekka lang und beschwerlich, und die ärmsten unter ihnen mussten ihre Reise unterbrechen und für die notwendigen Mittel und Vorräte arbeiten. Während ihrer mehr oder minder langen Aufenthalte in den Städten konnten die Gescheiterten Konstruktionsverfahren und Kunsthandgriffe erlernen. Sie sahen neue Modelle und versuchten, sie nach ihrer Heimkehr nachzuahmen.

In der reichen und mächtigen muslimischen Welt erblühte aufgrund dessen im gesamten Mittelmeerraum, entlang der Karawanenrouten und bis zum Roten Meer und Persischen Golf ein bemerkenswerter Handel. Reichtum und Wohlstand der Bürger erleichterten in den langanhaltenden Friedenszeiten unter den großen Kalifen den gegenseitigen Austausch. Überall in den großen Städten, den Karawansereien, sogar mitten in der Wüste entstanden riesige Basare. Die muslimische Marine stand in Konkurrenz zu Byzanz und Italien. Nichts könnte vorteilhafter für die Erneuerung und Verbreitung von Kunstformen sein. Zwischen der in den ersten Jahrhunderten des Mohammedanismus vorherrschenden Pracht und der Unzivilisiertheit der christlichen Welt bestand bis zu den ersten Kreuzzügen ein außergewöhnlicher Kontrast.
Es ist bemerkenswert, dass sich in dem Maße, in dem Rom die eroberten Völker in vielen Dingen beeinflusste, die Kunst der eroberten Völker wiederum auf die Eroberer selbst auswirkte – und dies seit dem Beginn der Hidschra. Die Römer gaben die Eigenheiten ihrer Kultur jedoch nur an die von dieser Kultur faszinierten Völker weiter. Weder Ägypten noch Sizilien, Kleinasien oder gar Griechenland wurden auf dem Gebiet der Kunst gänzlich romanisiert. Der Islam hingegen reizte die Völker, deren Kulturen ihn umgaben. Überall begegnete der Islam folglich Kunstrichtungen, die er in seinem Sinne umgestalten konnte.

Anfangs wiesen die islamischen Künste noch eine starke Verwandtschaft zur persischen und byzantinischen Kunst auf. Aber eine kontinuierliche Entwicklung ermöglichte in allen Kunstrichtungen allmählich doch die Entstehung einer umfassenden und eigenständigen Kunst, die durch eine überraschende, sich im Lauf der Zeit je nach Land und Epoche deutlich unterscheidende Vielfalt an Formen und Verzierungen gekennzeichnet war.
Das weite Studienfeld der islamischen Kunst erstreckt sich somit von der Hidschra im Jahr 622 bis zum Kunstgewerbe im 20. Jahrhundert, wobei das zu betrachtende Gebiet riesengroß ist und von Spanien bis nach Indien reicht. Auf den drei betroffenen Kontinenten herrschten nicht weniger als 42 Dynastien, die jedoch eine gewisse, auf die Mobilität der Händler, Künstler, Geldgeber und der Kunstwerke zurückzuführende stilistische Einheitlichkeit verband. Der Gebrauch einer einheitlichen Schrift in der islamischen Welt und die besondere Vorliebe für die Kalligraphie verstärken den Eindruck der Einheitlichkeit noch weiter.
Die Kunst des Islams war daher nicht religiös motiviert, sondern muss vielmehr als eine der Grundlagen einer Zivilisation betrachtet werden.

Drei der berühmten Moscheen und Gebäude:



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