
Barock: Die Vorliebe für Bewegung, Dramatik und überschwängliche Dekorationen
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Barock von Victoria Charles und Klaus H. Carl, herausgegeben von Parkstone International.
Die Barockkunst (ital.: soviel wie „verschroben, exzentrisch“) ist als weitere Entwicklung in Italien und einigen anderen Ländern in einem unmerklichen Übergang aus der um 1600 endenden Spätrenaissance entstanden. Sie wurde gelegentlich als Abart und Verwilderung, dann und wann aber auch als seine höhere Entwicklungsform angesehen und blieb bis ungefähr in die Mitte des 18. Jahrhunderts beherrschend. Es ist kaum üblich, den Barockstil in der Entwicklungsgeschichte der Kunst als einen der wichtigen Kunststile zu betrachten, denn es ist wohl richtiger, die Jahre zwischen 1580 und 1780 als einen in sich abgeschlossenen Zeitraum anzusehen, in dem sich verschiedene Stilrichtungen ausdrückten.

Für manche Spezialisten ist der Barockstil, weil er die strengen Formen der Renaissance dem Zeitgeschmack anpasste, streng genommen sogar nichts anderes als ein Zweig oder eine Abart der Renaissance, aus der er hervorgegangen ist. So lief es bei allen Stiländerungen in der Kunstgeschichte ab: die neue Kunstrichtung baute auf den Grundlagen der vorangegangenen auf. Der gotische Stil schloss sich an den romanischen an, dieser wiederum an den altchristlichen und so weiter. Seitdem die hellenistische Kunst weltbeherrschend geworden war, diente sie als Maß und Grundlage für die nachfolgenden Stilrichtungen, die sich nur mehr oder weniger weit von ihr entfernten oder sie imitierten.
Der Barockstil entfernte sich von den strengen Grundlagen und Theorien der Antike aber so sehr, dass sich die antiken Grundzüge kaum noch erkennen lassen. Es ist schwierig, zwischen Renaissance und Barock eine klare Grenze zu ziehen, da die beiden Schulen ineinander übergehen. Auch örtlich und zeitlich lässt sich das Barock nicht einfach in Jahreszahlen begrenzen. Von einem regelrechten Barockstil kann auch streng genommen nur in der Architektur und vielleicht in der Bildhauerei gesprochen werden. Für die Malerei, obwohl sie in den gleichen Zeitraum fällt, trifft die Stilbezeichnung kaum zu.

Die Barockzeit fällt in eine Ära tiefer religiöser, gesellschaftlicher und sozialer Unruhen. Kriege, die Reformation und andere Wirren verursachen eine neue politische Ordnung und erschweren die geistige und kulturelle Entwicklung. Die mittelalterliche Staatsordnung löste sich in den Jahren zwischen 1520 und 1530 allmählich auf und die Reformation übte auf den Menschen ihren unauslöschlichen Einfluss aus. Die Reichsfürsten wurden immer mächtiger. Die deutsche Kaiserkrone spielte rechtlich kaum noch eine Rolle, sie hatte nur eine vom Haus Habsburg gern ausgeübte mehr oder weniger repräsentative Funktion. In Österreich hatten die Habsburger das Gebiet Krain (im heutigen Slowenien), Kärnten und Tirol erworben und zu einem Staatswesen zusammengefasst sowie nach langen inneren Kämpfen auch noch ab dem Ende des 15. Jahrhunderts bis in die 1690er Jahre dem Ansturm der Osmanen zu widerstehen. Erst dem berühmten Prinz Eugen von Savoyen gelang es 1697 in der Schlacht bei Zenta, die „Türken“ endgültig zu besiegen. Diesem Sieg wurde dann von Ferdinand Freiligrath ein später von Johann Gottfried Loewe vertontes Gedicht gewidmet: „Prinz Eugen, der edle Ritter, / hei das klingt wie Ungewitter / Weit ins Türkenlager hin. …“

Aus historischer Sicht begann das 17. Jahrhundert mit dem Ende der glanzvollen Regierungszeit der englischen Königin Elisabeth I. und der Bürgerkriege in Frankreich durch Heinrich IV. In der italienischen Kunst schuf Caravaggio einen neuen Stil, in Spanien schrieb Miguel de Cervantes seinen Don Quijote und in England war Shakespeare mit seinen Dramen weltberühmt geworden.
Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation tobte der Dreißigjährige Krieg und verwüstete halb Europa. Zu den bestimmenden Personen in diesem Krieg zählten neben vielen anderen der in diesem Krieg gefallene schwedische König Gustav II. Adolf und als bedeutendster Heerführer der 1634 in Eger ermordete Albrecht W. Wallenstein, genannt der „Friedländer“. Kardinal Richelieu festigte unter Ludwig XIV. die Vormachtstellung Frankreichs in Europa, in England regierte Cromwell die Republik, in der gegen Ende des Jahrhunderts mit der Habeas Corpus der erste Schritt in Richtung der Menschenrechte gegangen wurde. In Flandern gaben Rubens und Rembrandt für lange Zeit der Kunst die Richtung vor, in Frankreich schrieb Molière seine Komödien und in Italien wies Bernini der Skulptur und der Architektur neue Wege. Es war ein unfriedliches und recht ereignisreiches Jahrhundert.

Die früher so einflussreichen und über besondere politische Rechte verfügenden Stände hatten durch den Krieg Einfluss und Privilegien verloren. Nur die Fürsten übten in ihren jeweiligen Gebieten eine unbeschränkte Macht aus. Je nach der Persönlichkeit, der Weisheit und der Weitsicht des jeweiligen Fürsten änderte sich die Situation der Kunst und der Kultur in seinem Land…
Wenn Sie mehr über Barockkunst erfahren möchten, können Sie unseren Artikel Rokokokunst lesen.

