Süleymaniye Camii (Süleymaniye-Moschee), 1550-1557
Art,  Deutsch

Die Sprache der Gesten: Erforschung des Symbolismus in islamischen Skulpturen

– Einführungsvideo: Eingang der Großen Moschee, Abu Dhabi von Norbert Yanzon von Pixabay
– Abschließender Videokredit: Video der islamischen Moschee-Zyklusbewegung von Muhammad Rahad (RAHADstudio) von Pixabay

Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem Die Kunst des Islams (ISBN: 9781783106677), von Gaston Migeon und Henri Saladin herausgegeben von Parkstone International.

Haben die islamischen Völker überhaupt Bildhauerei an sich betrieben? Versuchten sie, anhand plastischer Formen ihr Schönheitsempfinden auszudrücken? Obwohl es äußerst selten vorkommt und sich nur auf eine Kultur beschränkt, so gibt es doch einige Monumente, die einen formellen Beweis für die Existenz muslimischer Bildhauerei liefern. Zudem gibt es einzelne Bronzeobjekte, für deren Herstellung Entwürfe aus Terrakotta notwendig und somit die erste Umsetzung der Ideen des Bildhauers waren.

Als Ab dar-Rahman III. (889 bis 961), der erste Kalif von Cordoba, westlich von Cordoba die Palaststadt Madinat az-Zahra gründete, um die Laune einer Frau zu befriedigen, stellte er der Legende nach mitten im Palast eine Statue seiner Lieblingsmätresse mit den Zügen der antiken Flora auf.

Ibn Bassani berichtet, dass der sizilianische Dichter und Historiker Abu l’-Arab (864/873 bis 945) in seinem spanischen Exil eines Tages bei Muhammad, dem König von Sevilla, vorstellig wurde, der gerade damit beschäftigt war, kleine Bernsteinfiguren zu bewundern.

Bekrönter Kopf, Zentralasien, 8. oder 9. Jh., islamischen
Bekrönter Kopf, Zentralasien, 8. oder 9. Jh. Sammlung Khalili.

In Mesopotamien findet man außerdem auf der Kubba (Kuppel) einer Moschee in Bagdad die Statue eines Reiters mit der Lanze in der Hand, und auf einer anderen Kubba die als Sonnenuhr dienende Statue eines Mannes. In Homs (Syrien) sieht man auf dem Tor einer Moschee die eigentümliche, weil in einem Skorpionenschwanz endende Büste eines Mannes. Der Reisende Ibn Battuta entdeckte im 14. Jahrhundert in zahlreichen Städten Tiere darstellende Statuen, besonders häufig waren Löwen vertreten.

Liest man die Schriften des Historikers Makrisi (1364 bis 1442), erfährt man, dass in Ägypten bereits vor der Zeit der Fatimiden, unter denen das strenge mohammedanische Recht schon stark gebeugt wurde, die tulunidischen Sultane wie Chumarawaih (864 bis 896) in einem Saal ihres Palastes am Nilufer Statuen von sich, den Haremsdamen, ihren Kindern und den Musikerinnen des Hofstaates aufstellen ließen. Diese Statuen waren wunderbare, aus Holz gefertigte Arbeiten, die wohl die Tradition der großen Bildhauerateliers der Pharaonen fortführten. Von den muslimischen Werken ist keines erhalten geblieben. Deswegen kann die Kunst arabischer Bildhauer nur anhand der dekorativen Skulpturen aus Holz, Stein und Stuck bewertet werden, die noch an einigen Monumenten gefunden wurden.

In Ägypten wurde von Beginn an Stuck eingesetzt, woraus auch die ersten architektonischen Verzierungen angefertigt wurden. Die Ibn-Tulun-Moschee aus dem Jahr 876 besitzt ebenso wie die 970 in Kairo gegründete Al-Azhar– oder die Al-Hakam-Moschee in Mekka aus dem Jahr 1012 noch einen Teil ihrer ursprünglichen Stuckdekoration, die noch nicht mechanisch, sondern von geschickten Händen angefertigt wurde. Im 13. Jahrhundert war daraus eine ständige Technik entstanden. In der Grabmoschee (1284/1285) von Sultan Qalawun (1222 bis 1290) oder der von an-Nassir Muhammad (bis 1213), deren Verzierung ein wenig an den Beginn der maurischen Kunst in Spanien erinnert, ist dies gut zu erkennen.

Figur eines Dromedars, 13. Jh., islamischen
Figur eines Dromedars, 13. Jh. 39,5 x 25 x 13 cm. Privatsammlung.

Selbst wenn Stein als Material am stärksten geschätzt wurde, so verwendete man doch weiterhin Stuckverzierungen, wie bei dem prächtigen Fries mit kufischer Inschrift in der Sultan-Hasan-Moschee (1356/1363) oder bei den schönen Ornamenten in der Kuppel der Sunkur-Moschee (1347) in Darb el-Ahmar. Im 15. Jahrhundert scheint die Technik aber nahezu völlig aufgegeben worden zu sein, nur ein Monument kann noch als Beispiel dienen: das Innere des al-Fatawi-Grabmals in Kairo ist mit Ornamenten und Inschriften aus Stuck übersät. Der recht späte Einsatz von Stein im arabischen Bauhandwerk Ägyptens wurde bereits angesprochen. Bei Verzierungen sollte er sich zumindest als Material mit einer größeren Modellierbarkeit auszeichnen. Kuppeln sollten sich besonders gut für diesen Zweck eignen, wie man in der Grabmoschee von Barquq (1405/1410) sehen kann.

Als schmückendes Element taucht Stein zudem in der Sorgutmasch– (1356/1359) und später in der Sultan-Hasan-Moschee auf. Hier wurde die Verzierung vereinfacht und auf florale Darstellungen wie Blätter und Knospen reduziert, die sich für Künstler anbieten, die eine Arbeit mit Stein noch nicht gewohnt sind. Es handelt sich dabei um Rosetten aus Blattwerk, Blüten und Knospen, die sich um eine zentrale Knospe ranken.

Schatzpavillon, islamischen
Schatzpavillon, Große Moschee von Damaskus, 710-715. Damaskus.

Die Monumente von Sultan Kait-Bay (1416 bis 1496) bereicherten die Kunst um weitere wunderbare Steinbilder. Die schönsten Beispiele sind sicherlich der Bogen am Kernstück seiner innerstädtischen Moschee sowie insbesondere die Wakala (oder Handelshaus) südlich der Azhar-Moschee, deren äußere Verzierung eine unerschöpfliche Quelle prachtvoller geometrischer Motive und Arabesken darstellt. Stein fand nicht nur bei großen Gebäuden Anwendung, sondern auch beim Bau von Dikkas (Emporen) oder Minbars (Kanzeln) in Moscheen sowie von Grabsteinen und Kenotaphen (Scheingräbern). Ein wunderbares Monument ist davon erhalten geblieben: ein Minbar aus weißem Sandstein, mit dem Sultan Kait-Bay die in der Wüste liegende Grabmoschee von Sultan Barquq (1339 bis 1399) ausstatten ließ. Diese Arbeit stammt aus den Jahren 1384 bis 1386 und ist eines der perfektesten Beispiele für arabische Dekoration. Dieses Minbar besitzt eine dreieckige Form und besteht, anders als die viel häufigeren hölzernen Minbars, nicht aus zusammengesetzten Holztafeln, sondern aus Steinplatten, in die die Verzierungen eingearbeitet wurden.

Grabsteine bestehen häufig aus an antiken Stätten vorgefundenem Diorit oder Serpentingestein. Sie haben oft eine gewellte Oberfläche, in die Gebetsformeln sowie der Name des Verstorbenen und das Sterbedatum in kufischen Schriftzeichen vor einem leicht gesprenkelten Hintergrund eingraviert oder als Flachrelief auf einer ausgehöhlten Fläche ausgearbeitet sind. Diese Grabsteine stammen zumeist aus dem 3. oder 4. Jahrhundert nach der Hidschra, weiter zurückgehende Daten findet man nur äußerst selten. Sie kommen aus der Nekropole Ainel- Sira in Kairo und dem Friedhof von Assuan (Oberägypten).

Lampe einer Moschee mit Inschrift, 1880, islamischen
Lampe einer Moschee mit Inschrift, 1880. Emailliertes Glas, 27 x 25 cm. Musée des Arts Décoratifs, Paris.

In Kairo fertigte man außerdem große, eiförmige Krüge, die vollständig aus einem ganzen Marmorblock gehauen wurden und nur mit einem speziellen Marmorhalter stehen konnten. Auch diese Krüge waren verziert. Die viereckigen Halter wiesen an ihrer Vorderseite eine große Schütte auf, über die die Flüssigkeit aus den Krügen ausgeschenkt werden konnte. Die Krüge waren zu diesem Zweck im unteren Teil mit einem Loch versehen. Sogar diese Halter waren mit Ornamenten, kufischen Inschriften und sogar sitzenden Personen oder Löwen verziert, die in zwei kleine Nischen an den Ecken des Objekts eingearbeitet waren.

Wahre Kunstwerke waren auch die skulptierten, an der Rückwand von Nischen an den Brunnen angebrachten weißen Marmortafeln, über die das Wasser lief, um die Luft abzukühlen. Eine dieser Tafeln wird im Islamischen Museum von Kairo aufbewahrt und zeigt gewellte Linien. Die Bordüre besteht aus einer Reihe von Tieren, die überraschend fein und mit viel Charakter ausgearbeitet wurden: langohrige Hasen, Hunde und Panther. Sie stammt aus der Sabil, einem öffentlichen Brunnen, der 1400 von Sultan Faradsch (1386 bis 1412) erbaut wurde, dem Sohn Barquqs.

Der Heilige Bischr holt den Leichnam von Malika, 1494-1495, islamischen
Der Heilige Bischr holt den Leichnam von Malika, 1494-1495. Miniaturmalerei. British Library, London.

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