
1000 Meisterwerke der Malerei
Kunst im Wandel der Zeit: Vom Mittelalter bis zum digitalen Zeitalter von Instagram
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem 1000 Meisterwerke der Malerei (ISBN: 9781783109319) von Victoria Charles, Joseph Manca, Megan McShane und Donald Wigal, herausgegeben von Parkstone International.
Giorgio Vasari (1511 bis 1574), Baumeister, Hofmaler der Medici und bekannt vor allem als Verfasser der Lebensbeschreibungen der berühmtesten italienischen Architekten, Maler und Bildhauer, hielt den Beginn der sich zu Beginn des 14. Jahrhunderts abzeichnenden Erneuerung der Malkunst für ein großes Glück. Er beschrieb den Naturalismus der toskanischen Maler wie Giotto (etwa 1266 bis 1337) zu Anfang des 14. Jahrhunderts als ein Geschenk Gottes, weil damit endlich der steife, förmliche und unnatürliche Stil der bis dahin in Italien vorherrschenden byzantinischen Kunst überwunden war. Heute wissen wir, dass diese Änderung weder dem Zufall noch der göttlichen Vorsehung zu verdanken war und dass sie auch nicht von einem Tag zum anderen eintrat. Vielmehr waren die neuen Aspekte der Malerei – narrative Inhalte, räumliche Darstellungen, körperhafte, realistischplastische Figuren – natürliche Begleiterscheinungen der geistigen und gesellschaftlichen Veränderungen, die sich vor allem in Italien abzeichneten und das nun dem übrigen Europa gegenüber einen Vorsprung hatte.

Mit dem Aufkommen von Handel und Gewerbe veränderte sich nicht nur die Sicht der Welt, sondern auch das Selbstverständnis des Menschen, der nun begann, sich aus den Fesseln der Kirche und der höfischen mittelalterlichen Ordnung zu befreien. Die Fresken von Giotto, der mit der strengen Stilisierung und der Zweidimensionalität des Mittelalters brach, und der elegante, feine Naturalismus in den Gemälden von Duccio di Buoninsegna (um 1255 bis 1319) waren Ausdruck derselben kulturellen Bewegung, die im literarischen Werk von Dante, Petrarca und Boccaccio sowie den Reiseberichten von Marco Polo ihre Parallelen fand. Den geistigen Unterbau lieferte der Scholastiker Franz von Assisi, der die Gegenwart Gottes nicht in abstrakten Ideen und spekulativer Argumentation, sondern im Gesang der Vögel, in der Natur und im Universum fand.
Was diese primi lumi, ersten Lichter, der Malerei im 14. Jahrhundert begannen, entwickelte sich im 15. Jahrhundert mit großer Konsequenz weiter. Hinzu kam das Interesse an der Kultur des klassischen Altertums. Die italienischen Gelehrten entdeckten die alten Griechen und Römer, insbesondere ihre lange Zeit “verschütteten” künstlerischen, philosophischen und wissenschaftlichen Errungenschaften. Man spricht deshalb von der “Wiedergeburt” der Antike, der Renaissance. Der Renaissance-Mensch zeichnete sich durch Selbstbewusstsein und Bildung aus; die Gelehrten nannten sich selbst “Humanisten” und studierten die Schriften und die Kunst des Altertums, sie erforschten die Natur und glaubten an das Potenzial des Menschen.

Darüber hinaus prägten sie ein neues Bild des Menschen und der Welt, ohne sich aber von der Kirche zu lösen. Gemeinsam war allen Humanisten die Hinwendung zur griechischen und zur lateinischen Sprache und Kultur. Man studierte auch die theoretischen Schriften zur Architektur, insbesondere am römischen Baumeister und Ingenieur Vitruv (um 84 bis 27 v.Chr.), an dem sich Leonardo und Dürer orientierten. Die Bilder und Fresken von Masaccio und Piero della Francesca spiegeln die Ethik und Ästhetik der römischen Skulpturen wider. Ihnen war daran gelegen, ihre Gestalten als Teil der wirklichen Welt zu zeigen, nicht mehr in der verklärenden Art des Mittelalters.
Die Perspektive der Renaissance gründet auf einem einzigen Fluchtpunkt, zu dem das Auge durch orthogonale Linien geführt wird. So entsteht eine bis dahin unvorstellbare räumliche Kohärenz. Der Antike noch stärker verpflichtet war der norditalienische Maler Andrea Mantegna. Mit seinen Studien antiker Posen, Bauwerke, Gewänder und Inschriften trug er mehr als jeder andere Maler der damaligen Zeit dazu bei, die griechisch-römische Zivilisation wieder aufleben zu lassen. Selbst Botticelli, dessen Kunst sich eher an den träumerisch-verklärten Stil der Spätgotik anlehnt, malt Gestalten wie Venus, Cupido und Nymphen, um dem Geschmack seiner Zeitgenossen entgegenzukommen.
Die Renaissance wird eingeteilt in die Frührenaissance (1420 bis 1500), die Hochrenaissance (1500 bis 1530) und die auch Manierismus genannte Spätrenaissance (1530 bis 1600). Viele der führenden Maler werden der Hochrenaissance zugerechnet. Giorgio Vasari sagt von diesen Meistern, dass sie eine Kunst schaffen wollten, die größer war als die Natur, dass sie Idealisten waren, die die Wirklichkeit nicht so sehr nachahmen als vielmehr vervollkommnen wollten.

Diese Maler repräsentieren auch das Ideal der Renaissance: die Universalbildung. Leonardo da Vinci, von der Ausbildung her Maler, war genau so auch Naturwissenschaftler, der seine Kenntnisse der menschlichen Anatomie, der Pflanzen, der Geologie und Psychologie in seine Kunst einfließen ließ. Michelangelo Buonarroti, in erster Linie Bildhauer, wandte sich später auch der Malerei und gegen Ende seines Lebens der Baukunst zu. Außerdem dichtete er Sonette und war dem Neoplatonismus verbunden. Seine übergroßen muskulösen, ausdrucksstarken Helden könnten nicht unterschiedlicher sein zu den zarten, lächelnden Figuren Leonardos.
Raphael war der höfische Maler seiner Zeit, dessen Bilder den Reiz und Charme des Lebens an den Höfen der gebildeten Renaissancefürsten wiedergeben. Die venezianischen Meister Tizian und Giorgione brachten mit ihrem Kolorit und ihrer freien Pinselführung das Lebensgefühl der Epikureer zum Ausdruck, das sich in luxuriösen Landschafts- und prächtigen weiblichen Aktbildern niederschlug. Tizians Motto “Natura Potentior Ars” resümiert diese Bestrebungen der Maler des 15. Jahrhunderts, welche die Kunst als Vollenderin der Natur verstanden. Sie entdeckten auch, dass die Umrisse in der Ferne unschärfer werden, sich aufzulösen scheinen und bezeichnen dies als die Luftsperspektive.

Die Künstler der italienischen Renaissance waren gleichzeitig auch Denker und Gelehrte; und anders als ihre mittelalterlichen Vorgänger waren sie nicht mehr nur Handwerker, sondern, wie etwa Battista Alberti, Dürer, Michelangelo und Leonardo da Vinci auch Theoretiker und Wissenschaftler. Anders als im Mittelalter blieben sie nicht anonym, sondern genossen ein hohes Ansehen. So erhielt Michelangelo den Beinamen “Il Divino” (der Göttliche); er war schon zu Lebzeiten eine Legende. Bereits 1435 hielt Alberti die Maler dazu an, den Kontakt mit Dichtern und Mathematikern zu pflegen – und dies zahlte sich aus. Mit dem wachsenden Reichtum und Selbstbewusstsein entstand bei vielen Aristokraten und reichen Kaufleuten der Wunsch, selbst Kunst zu sammeln. Neben Gönnern und Stiftern gab es nun auch Kunstsammler, also Leute, die “einen Raphael” oder “einen Tizian” kauften.
Während die italienischen Maler der Renaissance räumliche Illusion und idealisierte Figuren schufen (bzw. portraitierten), blieben die Maler nördlich der Alpen mehr der Natur, dem Alltagsleben und den Sinneseindrücken verhaftet. Kein Maler hat je den Niederländer Jan van Eyck übertroffen in der Beobachtung von Oberflächen, niemand hat deutlicher oder poetischer den Glanz des Lichts, den Schimmer auf einer Perle, die Farben eines roten Samtstoffs oder die Reflexionen auf Glas und Metall erfasst als er. Diese Maler waren akribische Beobachter der Natur, die außerdem ein ausgesprochenes Interesse an den Körpern der Heiligen und den anatomischen Details des leidenden Christus zeigten. Mit ein Grund war die Verlagerung des Schwerpunkts bei den seit dem Mittelalter beliebten Passionsspielen: Nicht die Verehrung Jesu, sondern sein Leiden war in den Mittelpunkt gerückt und zum Spiegel des durch Hungersnöte und Pest geprägten Lebensgefühls geworden.

Solche Schauspiele bildeten vermutlich die Inspiration für Rogier van der Weyden und Matthias Grünewald, die zum Teil mit qualvoller Deutlichkeit die Wunden, Blutströme und das leidende Antlitz des Gekreuzigten wiedergaben. Die niederländischen Meister waren es auch, die die Ölmalerei erfanden, ein Geheimnis, das erst später, gegen Ende des 15. Jahrhunderts, auch nach Italien drang…
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