
Brillanz einfangen: 1000 Porträts von Genies erhellen die Welt
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem 1000 Porträts (ISBN: 9781783109470) von Victoria Charles und Klaus Carl, herausgegeben von Parkstone International.
Seit der Antike wurden Porträts in Auftrag gegeben, um wichtige Persönlichkeiten, Gestalten, Helden oder Götter darzustellen. Im Laufe der Zeit hat sich diese Kunstgattung weg von den ästhetischen Marmorskulpturen der Griechen hin zu den Gemälden, Fotos und abstrakten Werken der Gegenwart gewandelt. Wenngleich sich Porträts je nach Zeitpunkt ihrer Entstehung ästhetisch unterscheiden, bleibt der Hauptzweck des Porträtierens doch stets derselbe: Persönlichkeit, Eigenschaften oder das Wesen eines Menschen bzw. einer öffentlichen Person sollen dargestellt werden, indem das Gesicht zum Hauptmerkmal der Komposition erklärt wird.
Die ersten Porträts lassen sich bis in prähistorische Zeiten zurückverfolgen (um 30000 v. Chr.), als die Menschen den Umriss ihres Schattens nachzeichneten, um während ihrer Abwesenheit nicht in Vergessenheit zu geraten. Mit der Zeit entwickelten sich derartige Abbildungen zu monochromen Darstellungen simpler Form und Linienführung, die mit gegenwärtigeren „Porträts“ und abstrakten Formen von modernen Künstlern wie Pablo Picasso oder Henri Matisse vergleichbar sind. Ziel des vorliegenden Sammelbands ist es, einen umfassenden Überblick über die Geschichte der Porträtmalerei zu liefern und diese sowohl mit Gemälden als auch Skulpturen zu illustrieren.

Innerhalb der kunsttheoretischen Hierarchie wurde das Porträt zunächst dem historischen Gemälde unterbzw. dem Stillleben und anderen Genre-Gemälden übergeordnet. Im Verlauf der Kunstgeschichte haben sich Theoretiker immer wieder skeptisch oder kritisch in Bezug auf die Ähnlichkeit von Porträts mit den jeweiligen Modellen geäußert und den Künstlern dabei mitunter unterstellt, ihren Gegenstand einer Idealisierung zu unterziehen. Dieser Tatsache zum Trotz lässt die beträchtliche Anzahl erhaltener Porträts vermuten, dass sich die Porträtmalerei bei denen, die Kunstwerke in Auftrag gaben, über die gesamte künstlerische Zeitleiste hinweg einer regen Nachfrage erfreute.
Porträtmalerei steht häufig im Schatten anderer Kunstgattungen und Stile. Fast immer weiß die breite Masse eine Kunst, die sich unter narrativer Malerei oder Skulptur einordnen lässt, mehr zu schätzen als das Schwarzweißporträt eines Politikers oder berühmten Künstlers. Dies mag in der Annahme begründet liegen, ein Porträt appelliere weder unmittelbar an die Vorstellungskraft, noch erzähle es eine bestimmte Geschichte. Die Unterschiede zwischen einem narrativen Kunstwerk und einem Porträt lassen sich mit denen zwischen einem Roman und einer Biographie vergleichen. Ersterer legt den Schwerpunkt auf Plot und Handlung, wohingegen letztere eher mit der Entwicklung und Analyse eines einzelnen Individuums befasst ist. Sieht man sie im Vergleich zum Roman, der voller dramatischer Szenen steckt, könnte eine Biographie somit als „flach“ angesehen werden.

Dennoch kann – und hier kommt es auf den Schreibstil an – die Biographie ebenso faszinierend und fesselnd sein wie der Roman. Genauso kann natürlich ein Porträt, das auf herausragend talentierte Weise gemalt wurde, ebenso aufschlussreich sein wie die Illustration eines Mythos oder einer Geschichte. Das Wissen um Hintergrundinformationen zur Identität des Modells erleichtert häufig den Zugang zum Porträt, da der Betrachter dessen Gegenstand sofort erkennt und somit das eigene Verständnis von der abgebildeten Person mit der eigentlichen Darstellung abgleichen kann. Doch schon das Porträt eines „Unbekannten“ kann derart voll von Bedeutung und Tiefe sein, dass man als Betrachtender nicht umhin kann, fasziniert zu sein.
Ein herausragender Porträtmaler vermag es, eine Geschichte so wirkungsvoll zu illustrieren, dass diese bisweilen nicht einmal mehr eines konkreten Titels bedarf. So können etwa Tizians Mann mit dem Handschuh, Rembrandts Porträt eines Mannes (Metropolitan Museum of Art) und Diego Velázquez’ Die Dame mit dem Fächer eine sogar noch stärkere Anziehungskraft auf uns ausüben als die vielen anderen Porträts derselben Meister, bei denen die Identität des Modells bekannt ist.
Das Hauptmerkmal großartiger Porträtkunst ist das Vermögen, den inneren Charakter oder die Geschichte des Modells bloßzulegen. Es heißt, dass jeder Mensch vor seinen Mitmenschen gewohnheitsmäßig eine Maske trage und diese lediglich in unbewussten Momenten ablege. Der großartige Porträtmaler muss in der Lage sein, das wahre Wesen des Individuums einzufangen – eine unsagbar schwierige Herausforderung, der er oft nur in flüchtigen Momenten gerecht werden kann. Laut dem Dichter Tennyson vertieft sich solch ein Maler in ein Gesicht und „erspäht dabei gottgleich, vorbei an allen Hindernissen, den Menschen dahinter, den er so malt, dass sein Gesicht, die Umrisse und Farben eines Geistes und Lebens für seine Kinder stets aufs Beste lebendig bleiben.“

Gemäß Aristoteles’ Aussage „Ziel der Kunst ist es nicht, die äußere Erscheinung der Dinge, sondern deren innere Bedeutung darzustellen“, ging es nicht darum, nur die physischen Eigenschaften, sondern das gesamte Wesen des Individuums abzubilden. Interpretative Porträtmalerei war häufig Leonardo da Vincis berühmter Mona Lisa nachempfunden. Das Mysteriöse im Gesichtsausdruck der Mona Lisa verleiht ihrem Charakter Tiefe – der Betrachter ist auf der Stelle fasziniert und möchte erfahren, was sie womöglich zu verbergen hat. Um solch ein Niveau des Porträtierens zu erreichen, muss der Künstler sich bewusst in das Wesen seines Gegenstands einfühlen. Zudem steht die Mona Lisa nicht nur vom kompositorischen Standpunkt aus gesehen für Perfektion, ihre genauen Proportionen und die Verwendung einer atmosphärischen Perspektive sichern gleichermaßen ihre gefeierte Stellung in der Kunstwelt. Viele Porträtmaler haben da Vinci seither idealisiert und sich – wenn auch weit davon entfernt, sein Ideal zu erreichen – von seinem Werk inspirieren lassen.

James Abbott McNeill Whistler hatte eine beträchtliche Machtstellung innerhalb seines eigenen Kreises inne, während Franz Hals und Diego Velázquez allgemeinere Anerkennung genossen. Die Persönlichkeit des Posierenden offenbart sich häufig mittels eines direkten Blicks, der den Gegenstand mit etwas Faszinierendem zu umgeben scheint. Ob freudvoll oder ernst, die Augen des Modells scheinen den Betrachter mit einem Gefühl von „Intimität“ zu involvieren, das sich schwer abstellen oder definieren lässt. Diese Eigenschaft zeigt sich besonders im heiteren Charakter von Hals’ Porträts, in dem für Joshua Reynolds typischen freundlichen Lächeln, im weisen Blick, den Rembrandt in seinen Porträts einfängt, oder im melancholischen Anklang der Bilder eines Domenico Morone. Ein anderes Mal ist der Blick des Modells abgewandt und letzteres ist sich des Beobachtetwerdens so gut wie unbewusst.
Der Künstler hat das Modell im Moment vertrauter Einkehr gemalt, wie es häufig bei Tizian der Fall ist. Aus diesem Grund ist die Fähigkeit des Künstlers, das Innenleben des Modells darzustellen, eine unglaublich subjektive Kunst geworden. Als die Porträtmalerei zunächst bestimmten gesellschaftlichen Klassen, dem Adel, der Kirche und der oberen Mittelklasse oder der Bourgeoisie vorbehalten war, musste das Porträt eine schmeichelnde Darstellung seines Motivs abgeben. Endlich konnten sich Künstler mit dem Malen eines Porträts auf ihre eigene introspektive Art frei ausdrücken…

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