
Der Tanz der Kunst mit der Dunkelheit: Das Wesen des Teufels einfangen
Der untenstehende Text ist ein Auszug aus dem SATAN, BEELZEBUB, LUZIFER – Der Teufel in der Kunst (ISBN: 9781783106684), von Arturo Graf, herausgegeben von Parkstone International.
NUR mit größten Schwierigkeiten, wenn überhaupt, gelingt es den Menschen, sich eine Vorstellung von einem nicht-körperlichen Wesen zu machen, das grundlegend anders ist als das, was ihre Sinne erfassen können. Für sie bedeutet das Körperlose gewöhnlich eine abgeschwächte Form, eine Verdünnung des Körperhaften, ein Stadium minimaler Dichte, vergleichbar dem der Luft oder der Flamme, wenn auch von geringerem Wert. Für alle unzivilisierten Menschen und für die überwiegende Mehrheit derjenigen, die sich zivilisiert nennen, ist die Seele ein Hauch oder ein leichter Nebel, den man sich wie eine Art Schatten vorstellen kann.

Die Götter aller Mythologien sind mehr oder weniger körperlich. Die der griechischen Mythologie ernähren sich von Nektar und Ambrosia, und für den Fall, dass sie sich in die Raufereien der Sterblichen einmischen (wie sie es mitunter zu tun pflegen), laufen sie Gefahr, eine gehörige Tracht Prügel zu beziehen. Es sollte also nicht verwundern, dass die pneumatologischen Lehren der Christen und Juden den Engeln und den Dämonen im Allgemeinen Körper zuweisen.
Kirchenlehrer und Kirchenväter sind sich so gut wie einig, dass Dämonen mit Körpern ausgestattet sind, dass sie diese bereits besaßen, als sie noch Engel waren, dass sie jedoch nach ihrem Sturz dichter und schwerer wurden. Die Dichte der Dämonenkörper, immer weitaus leichter als die der Menschen, wurde von denen, die sich damit beschäftigt haben, unterschiedlich eingeschätzt. Im 2. Jahrhundert erklärte der Apologet Tatian (2. Jahrhundert), ihre Dichte sei wie die von Luft oder Feuer; Basilius der Große (um 330 bis 379) wollte ihnen einen noch dünneren Körper zuerkennen. Andere, etwa Isidor, der Bischof von Sevilla (um 560 bis 636), unterstellten zu Beginn des 7. Jahrhunderts den Dämonen einen Körper aus Luft.
Es ist jedoch leicht zu verstehen, dass in einer solchen Frage nicht nur eine einzige, unweigerlich von allen geteilte Meinung vorherrschend sein kann. Und man versteht auch, dass Dante, ohne das Gewissen eines einzigen verletzt zu haben, seinem Luzifer unten im Frost des Eissees Cocytus einen festen, dichten Körper geben konnte, an den er und der Dichter Vergil (70 v.Chr. bis 19 v.Chr.) sich wie an einen Felsen klammerten.

Wenn die Dämonen Körper besitzen, müssen sie auch gewisse natürliche Bedürfnisse haben wie alle lebenden, körperlichen Wesen. Vor allem müssen sie ihren Organismus regenerieren, der durch die Anstrengung des Lebens ja ständig abgenutzt wird. Die Teufel müssen auch nach Nahrung verlangen, und tatsächlich sagen die Apologeten Athenagoras von Athen (2. Jh.) und Marcus Minucius Felix (2./3. Jh.), die Schriftsteller Tertullian und Origenes, der Senator Firmicus Maternus (4. Jh.), der Bischof Johannes Chrysostomos (344/349 bis 407) und viele andere, dass die Teufel gierig den Dampf und Rauch der ihnen von den Heiden Geopferten aufsaugten – gewiss eine etwas gehaltlose, unstoffliche Nahrung, aber eine, die zur Verfassung der Teufel durchaus passt. Einige jüdische Rabbis sind da etwas großzügiger und wagen es, in die diabolische Diät mehr Vielfalt zu bringen. Ihnen zufolge lebten die Teufel vom Geruch des Feuers und dem Dunst des Wassers, nähmen aber auch gerne Blut, wenn sie es denn bekommen könnten. Und nach einem deutschen Sprichwort frisst der Teufel bekanntlich Fliegen, wenn er am Verhungern ist.
Die einfachen Leute sprechen oft von alten Teufeln und jungen Teufeln, es gibt in den verschiedenen Sprachen viele Sprichwörter, die diesen Volksglauben zum Ausdruck bringen. Wir wissen, dass sich der Teufel, als er alt geworden war, der Einsiedelei ergab, und es erscheint ja auch vernünftig, dass er alt wird, denn alle organischen Wesen altern. Der bereits genannte Isidor von Sevilla erklärte jedoch, dass die Dämonen nicht altern, und wir können keine anders lautende Behauptung aufstellen, solange die diabolische Anatomie und Physiologie nicht genauer untersucht worden ist. Wenn sie nicht altern, dürften sie auch nicht sterben. Jene Rabbis, die behaupten, die Dämonen stürben genauso wie die Menschen, haben sich einer großen Lüge schuldig gemacht – nicht alle, das ist wahr, aber doch die überwiegende Mehrheit. Möglicherweise können Dämonen jedoch krank werden. Jedenfalls gingen manche Hexen in den Tagen der Inquisition so weit, dass sie aussagten – nachdem die Daumenschrauben ein klein wenig fester angezogen worden waren –, der Teufel würde von Zeit zu Zeit krank und sie müssten ihn dann heilen und pflegen.

Einige Kirchenlehrer und Kirchenväter wie Papst Gregor I. (der Große; um 540 bis 604), – und er war nicht der Einzige – hätten gerne geglaubt, dass die Teufel allesamt körperlos wären, aber dieser Glaube war, wie weiter oben gezeigt, alles andere als allgemein anerkannt. Es stand jedoch jedem frei, das eine oder das andere zu glauben, und Thomas von Aquin (1225 bis 1274) kommt, nachdem er die unterschiedlichen Meinungen zum Thema angeführt hat, zu dem Schluss, dass es für den Glauben von nur geringem Belang sei, ob die Dämonen Körper haben oder nicht. Dem mag zwar so sein, für die Fantasie ist es jedoch von großer Bedeutung, denn die Menschen haben den Teufeln ganz geschwind recht solide Körper verliehen.
Und wie sahen diese Körper nun aus? An dieser Stelle möge es genügen, nur die Körper zu betrachten, die die Teufel von Natur aus besitzen, nicht jene, die sie nach Belieben annehmen können und von denen später noch die Rede sein wird.
Im Allgemeinen können wir davon ausgehen, dass die Körper der Dämonen in der Regel eine menschliche Gestalt hatten. Das sollte uns auch nicht verwundern, da der Mensch, der sich die Götter nach seinem Bilde schuf, auch die Engel und die Teufel nach seinem Bilde schuf. Wenn wir von einer menschlichen Gestalt sprechen, ist damit jedoch nicht gemeint, dass die Form in jeglicher Hinsicht unserer eigenen gleicht. Als Folge seiner Sünde und seines Sturzes mussten Satan („… die Kreatur, die einst so schön war“, wie Dante Alighieri ihn nennt) und mit ihm die anderen Aufrührer zusehen, wie ihre Körper nicht nur dichter und gröber wurden, sondern auch, wie sich die unübertreffliche Schönheit, mit der Gott sie zunächst ausgestattet hatte, in eine schmähliche Hässlichkeit verwandelte.

Die Physiognomie der Teufel ist also eine menschliche, aber entstellt und scheußlich; hier vermischt sich das Tierische mit dem Menschlichen, nicht selten überwiegt es. Wollten wir den Dämonen (mit Zustimmung der Zoologen) aufgrund dieser Gestalt einen Platz im zoologischen System zuweisen, müssten wir den überwiegenden Teil von ihnen in eine entsprechende Familie der Menschenähnlichen einordnen.
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